Architektenwettbewerbe in Zeiten der Corona-Krise

Die Covid-19-Pandemie wirkt sich auf alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens aus. Hierzu zählen selbstverständlich auch Fragen von Architektinnen und Architekten, etwa inwiefern sich die Krise auf aktuelle Architektenwettbewerbe oder betreute Vergabeverfahren auswirken.

I. Verfahrensbetreuer und Rechtsfragen

In der Praxis werden Architekten oft als Verfahrensbetreuer des Bauherrn tätig, sei es im Rahmen der Beantragung der Baugenehmigung oder bei der Durchführung eines Vergabeverfahrens (VgV-Verfahren). Diese Mitwirkung des Architekten erlaubt jedoch keine allgemeine Rechtsberatung. Nach § 3 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) ist die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch das RDG oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird.

Eine Rechtsdienstleistung liegt nach § 2 Abs. 1 RDG bei jeder Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten vor, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Eine solche Erlaubnis ist etwa für Rechtsanwälte in § 3 der Bundesrechtsanwaltsordnung geregelt, für Architekten fehlt hingegen eine solche Gesetzesgrundlage. Dementsprechend umfasst die Berufshaftpflichtversicherung des Architekten regelmäßig keine Rechtsdienstleistungen.

Ein Ausnahmetatbestand aufgrund der aktuellen Situation besteht nicht. Die gesetzlichen Ausnahmetatbestände in § 2 Abs. 3 oder § 5 Abs. 2 RDG werden allein durch die Pandemie nicht erfüllt. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der fortschreitenden Digitalisierung der Anwaltskanzleien und der Anerkennung des Anwaltsberufs als systemrelevant. Demnach sollten Verfahrensbetreuer, wenn der Bauherr rechtskundigen Rat benötigt, zur Vermeidung der eigenen Haftung den Bauherrn an einen Anwalt verweisen.

II. Fristen in Zeiten von Corona

Vergabeverfahren sind in ihrer Durchführung stark durch die Einhaltung von Fristen geprägt. Nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV sind nicht fristgerecht eingegangene Angebote auszuschließen, es sei denn, der Bieter hat die Verspätung nicht zu vertreten. Spiegelbildlich hat der öffentliche Auftraggeber das Vergabeverfahren so auszugestalten, dass allen interessierten Architekten eine fristgerechte Teilnahme möglich ist. Daher bestimmt § 20 Abs. 1 VgV, dass bei der Festlegung der Fristen die Komplexität der Leistung und die Zeit für die Ausarbeitung der Angebote angemessen berücksichtigt werden.

Bei bereits bestehenden Verfahren können die Fristen nach dem Rechtsgedanken des § 20 Abs. 3 VgV verlängert werden, sofern hierfür sachliche Gründe vorliegen. Dies dürfte mit der Covid-19-Pandemie der Fall sein. Bei einer Fristverlängerung ist jedoch der Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 1 Abs. 3 RPW 2013 zu beachten. Das heißt, die Fristverlängerung muss für alle Teilnehmer gleichermaßen gelten. Auch wenn die Gründe für eine Fristverlängerung derzeit offensichtlich sind, ist der öffentliche Auftraggeber zudem gehalten, die Gründe zu dokumentieren.

III. Rückfragenkolloquium

Die Möglichkeit der Teilnehmer, Rückfragen zu stellen, besteht auch in Zeiten der Krise. Ein Grund, aktuell kein Rückfragenkolloquium durchzuführen, besteht nicht; das Kolloquium kann gemäß Anlage IV der RPW 2013 auch online/per Internet durchgeführt werden.

IV. Preisgerichtssitzung

Die Preisgerichtssitzung ist gemäß Anlage VII der RPW 2013 als Präsenzveranstaltung ausgestaltet. Die zeitgleiche Anwesenheit der Preisrichter dient einer effizienten Beantwortung der Rückfragen und der gemeinsamen Grundsatzberatung über die eingereichten Arbeiten anhand objektiver Kriterien (Nr. 2 der Anlage VII der RPW 2013).

Eine Erleichterung mit dem Ziel einer online Preisgerichtssitzung ist derzeit nicht vorgesehen. Folglich sollten Preisgerichtssitzungen, die eine derzeit zu vermeidende Versammlung darstellen, nicht abgehalten werden. Sollte eine Sitzung dennoch unumgänglich sein, sind entsprechende Sicherheitsvorkehrungen zu treffen.

Rechtspolitisch steht zu erwarten, dass der Gesetzgeber hier nachjustieren und ein digitales Preisgericht ermöglichen wird. Dies ist an anderer Stelle, etwa für Mitgliederversammlungen von Gesellschaften bereits geschehen und diese Möglichkeit soll künftig noch weiter ausgebaut werden. Sobald sich hier Änderungen ergeben, werden wir umgehend berichten.

V. Besondere Schutzmaßnahmen im Umgang mit Wettbewerbsbeiträgen

In jedem Fall sind die Verhaltensempfehlungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung einzuhalten. Dies gilt insbesondere, sofern Beiträge nicht digital eingereicht werden können (etwa Modelle). Denn eine Übertragung durch Schmierinfektion bzw. kontaminierte Oberflächen ist nicht ausgeschlossen (die jeweilige Infektionswahrscheinlichkeit ist wissenschaftlich noch nicht bestimmt ist).

Fazit

Die aktuelle Lage beeinflusst auch das Vergaberecht und damit die Architektenwettbewerbe. Die jeweiligen Architektenkammern veröffentlichen hierzu Hinweise zu Wettbewerben und Ausschreibungen. Diese Hinweise werden von uns regelmäßig aufgegriffen und aufbereitet. Selbstverständlich stehen wir auch für einzelne Fragen als Ansprechpartner zur Verfügung.

Bei allen rechtlichen Fragen rund um das Thema Corona-Virus helfen wir Ihnen gerne!

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Author

  • Dr. Jan T. Tenner