Ob Wimbledon oder Hasenheide - Trophäen sind offenzulegen

Der mediale Zirkus um die rechtliche Auseinandersetzung zwischen dem einstigen Tennis- und Jugendheld Boris Becker und dem über sein Vermögen eingesetzten Insolvenzverwalter vor dem Londoner Crown Court hat vorrangig Klatsch und Tratsch Charakter. Aus rechtlicher Sicht steht – aus der Ferne betrachtet – wohl die Frage im Vordergrund, ob und wie etwaige Vermögenswerte dem Insolvenzverwalter vorenthalten worden sind. Dies gibt Anlass einen kompakten Überblick über die Informations- und Auskunftspflichten des Schuldners im Rahmen von Insolvenzverfahren in Deutschland zu geben.

Die Informations- und Auskunftspflichten eines Schuldners im Rahmen eines Insolvenzverfahrens (u.a. §§ 13, 20, 97, 153 Abs. 2, 305 InsO) sollen im Wesentlichen dem in § 1 InsO übergeordneten Verfahrenszweck eines jeden Insolvenzverfahrens, der bestmöglichen Befriedigung der Gläubiger, dienen. Die Insolvenzordnung sieht für die Durchsetzung dieses Verfahrenszweck an vielen Stellen für unterschiedliche Verfahrensstadien entsprechende Informations- und Auskunftspflichten des Schuldners vor. Soweit es sich bei dem Schuldner nicht um eine natürliche Person handelt, gelten die jeweiligen Pflichten für die Mitglieder des Vertretungs- oder Aufsichtsorgans und die vertretungsberechtigten persönlich haftenden Gesellschafter des Schuldners (§ 101 InsO).

Erstkontakt: Der Insolvenzantrag

Der Schuldner wird bereits frühzeitig im Rahmen eines Insolvenzverfahrens mit Informations- und Auskunftspflichten konfrontiert. Soweit der Schuldner selbst einen Insolvenzantrag über sein Vermögen stellt, sind an diesen Antrag spezielle Zulässigkeitsvoraussetzungen geknüpft (u.a. § 13 InsO). So muss der Schuldner unter anderem Angaben zum Insolvenzgrund machen, ein Verzeichnis der Gläubiger beifügen und - sofern ein noch nicht eingestellter Geschäftsbetrieb vorhanden ist - zusätzliche Angaben zur Art und Höhe der Forderungen der Gläubiger sowie zu den wirtschaftlichen Eckdaten des schuldnerischen Unternehmens (Bilanzsumme, Umsatzerlöse, Angaben zu den Arbeitnehmern) tätigen. Bei laufendem Geschäftsbetrieb ist hinsichtlich dieser Angaben dem Insolvenzantrag zudem eine Erklärung beizufügen, dass die Angaben richtig und vollständig sind (§ 13 Abs. 1 S. 7 InsO).

Die Praxis zeigt häufig, dass die sorgfältige Vorbereitung eines Insolvenzantrages und die Wahrung der insoweit bestehenden Verpflichtungen des Schuldners keine Nebensache ist. Oftmals sind die erforderlichen Angaben nicht auf Knopfdruck verfügbar. Die hierfür erforderliche Vorbereitungszeit ist in einzelnen Fällen aufgrund vorangeschrittener Krise nicht ohne Weiteres vorhanden. Insbesondere im Hinblick auf die Haftungsrisiken (siehe unten) empfiehlt sich zudem ein erhöhter Sorgfaltsmaßstab.

Vorläufiges Insolvenzverfahren

Nach der Stellung eines Insolvenzantrages nimmt das Insolvenzverfahren in der Regel Fahrt auf. Vor einer Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird sich das Insolvenzgericht nach dem Grundsatz der Amtsermittlung (§ 5 InsO) im Wege von Ermittlungsmaßnahmen einen Überblick über den Schuldner und die wirtschaftliche wie rechtliche Situation verschaffen. Dabei trifft den Schuldner gegenüber dem Insolvenzgericht die Pflicht, sämtliche Auskünfte zu erteilen, die zur Entscheidung über den Insolvenzantrag erforderlich sind (§ 20 Abs. 1 InsO). Die Auskunftspflicht umfasst dabei grundsätzlich auch den Schuldner selbst belastende Vorgänge sowie gegebenenfalls Angaben zu strafbaren Handlungen. Allerdings besteht hinsichtlich dieser Angaben generell ein strafprozessuales Verwendungsverbot (§ 20 Abs. 1 S. 2 InsO i.V.m. § 97 Abs. 1 S. 3 InsO), sodass diese Informationen dem Grunde nach in einem Strafverfahren nicht gegen den Schuldner verwendet werden dürfen. Daneben hat der Schuldner grundsätzlich auch die Möglichkeit zu jeder Zeit freiwillige Angaben zu machen.

Allgemein besteht die Auskunftspflicht im Rahmen des vorläufigen Insolvenzverfahrens gegenüber dem Insolvenzgericht. In aller Regel wird das Insolvenzgericht zur Sicherung der Vermögenslage des Schuldners sowie als Ausprägung der gerichtlichen Ermittlungsmaßnahmen jedoch einen vorläufigen Insolvenzverwalter und Sachverständigen bestellen (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO, § 22 Abs. 1 Nr. 3 InsO). In diesem Fall hat der Schuldner – mit Fortgeltung des strafprozessualen Verwendungsverbotes – alle erforderlichen Auskünfte dem vorläufigen Insolvenzverwalter bzw. Sachverständigen zu erteilen (§ 22 Abs. 3 S. 3 InsO). Eine Auskunftsverpflichtung gegenüber den Gläubigern besteht allerdings nicht.

Der umfassenden Auskunftspflicht folgt zudem eine Mitwirkungspflicht. Den Schuldner trifft insoweit die Pflicht, fehlende Informationen zu beschaffen und zugänglich zu machen. Davon umfasst kann im Einzelfall auch die Befreiung von der Schweigepflicht eingebundener Berater (Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater) sein. Zur Durchsetzung der Informations- und Auskunftsansprüche kann das Insolvenzgericht den Schuldner zwangsweise vorführen und nach Anhörung – unter bestimmten Voraussetzungen – in Haft nehmen lassen (§ 98 Abs. 2 InsO).

Zusätzliche Pflichten im eröffneten Insolvenzverfahren

Die ausgedehnten Informations- und Auskunftspflichten des Schuldners gelten auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens weiter fort. Zudem erweitert sich der Kreis der Auskunftsberechtigten. Im eröffneten Verfahren besteht die Auskunftspflicht des Schuldners gegenüber dem Insolvenzgericht, dem Insolvenzverwalter und dem Gläubigerausschuss sowie bei gerichtlicher Anordnung gegenüber der Gläubigerversammlung (§ 97 Abs. 1 S. 1 InsO). Einzelne Gläubiger haben weiterhin keinen direkten Auskunftsanspruch gegenüber dem Schuldner; insoweit bleiben die Akteneinsicht (§ 299 ZPO i.V.m. § 4 InsO) und die Teilnahme an den Gläubigerversammlungen die maßgeblichen Informationsquellen.

Weitere Nebenpflichten im Zusammenhang mit den Auskunftspflichten können den Schuldnern im Rahmen der Sicherung der Insolvenzmasse (§§ 148 ff. InsO) und der Erstellung der Vermögensübersichten treffen. Bei der Ermittlung der Insolvenzmasse ist der Insolvenzverwalter in der Regel auf die Mitwirkung des Schuldners angewiesen. Soweit bei der Darstellung des Vermögens des Schuldners Zweifel bestehen, kann das Insolvenzgericht auf Antrag den Schuldner zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verpflichten (§ 153 Abs. 2 S. 1 InsO). Letztendlich kommt es für die Wahrung der Interessen der Gläubiger und deren Befriedigungsaussichten entscheidend darauf an, dass sämtliche Vermögenswerte des Schuldners ermittelt und verwertet werden können. Vor diesem Hintergrund können gegenüber dem Schuldner solch intensive Maßnahmen verhängt werden.

Haftung des Schuldners – Keineswegs Kavaliersdelikt

Als Ausprägung des Gläubigerschutzes können Verletzungen von Informations- und Auskunftspflichten zu weitereichenden Konsequenzen führen.

Im Zusammenhang mit der Insolvenzantragstellung droht eine strafrechtliche Haftung – Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe – wenn der Insolvenzantrag trotz Ablauf der Antragsfrist nicht richtig gestellt wurde (§ 15a Abs. 4 Nr. 2 InsO). Allerdings kommt eine Haftung im Falle der nicht richten Antragstellung nur dann in Betracht, wenn der Insolvenzantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde (§ 15a Abs. 6 InsO). Vor einer Zurückweisung wegen Unzulässigkeit hat das Insolvenzgericht den Antragsteller jedoch aufzufordern, die Mängel innerhalb einer angemessenen Frist zu beheben (§ 13 Abs. 3 InsO).

Nachdrücklicher erscheinen demgegenüber die Haftungsrisiken im Zusammenhang mit der Verletzung von Informations- und Auskunftspflichten im Rahmen des vorläufigen sowie im eröffneten Insolvenzverfahren. Insoweit kommt die Verwirklichung eines Bankrottes gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB in Betracht, wonach derjenigen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird, wer bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes Bestandteile seines Vermögens verheimlicht. Exemplarisch können dabei die Fälle aufgeführt werden, in denen der Schuldner die Existenz von Vermögen gänzlich verschweigt oder entgegen der tatsächlichen Verhältnisse einzelne Vermögensgegenstände dem Vermögen Dritter (verbundener Unternehmen, Ehefrau etc.) zuordnet.

Weiterhin kann es zu einer Strafbarkeit wegen der falschen Versicherung an Eides statt (§ 156 StGB) kommen, wenn das Insolvenzgericht die Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen Aussagen verlangt (§§ 20 Abs. 1 S. 2, 98 Abs. 1 InsO) und der Schuldner dabei wahrheitswidrige Angaben macht.

Informationsanfragen ordnungsgemäß und vollständig retournieren

Insgesamt treffen den Schuldner im Rahmen von Insolvenzverfahren zahlreiche Informations- und Auskunftspflichten. Dabei stehen den Auskunftsberechtigten entsprechende Mittel zur Durchsetzung zur Verfügung. Zudem können fehlerhalte oder unterbliebene Informationen auf Seiten des Schuldners erhebliche Haftungsrisiken mit sich bringen. Aus Sicht des Schuldners empfiehlt sich eine offene und transparaente Kommunikation. Auch ein "Becker-Hecht" hilft nicht, um den Informations- und Auskunftspflichten zu entkommen.

Author