Die Immobilientransaktion im Zeichen des Corona-Virus
Das neuartige Corona-Virus breitet sich weiter aus. Die ganze Welt steht vor noch nicht absehbaren gesundheitlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Es liegt nahe, dass die Corona(COVID-19)-Krise auch nicht spurlos am Immobilienmarkt und im Speziellen an Immobilientransaktion vorbeiziehen wird.
Der nachfolgende Artikel befasst sich daher mit allgemeinen Fragen, die sich voraussichtlich im Zusammenhang mit immobilienbezogenen Transaktionen stellen werden. Wobei darauf hingewiesen werden muss, dass für eine abschließende rechtliche Einschätzung der jeweilige Einzelfall betrachtet werden muss.
Vertragsanbahnung
Während der Vertragsanbahnung spielen sowohl auf Verkäufer Als auch auf Käuferseite vornehmlich wirtschaftliche Aspekte eine Rolle. Beide Parteien werden sich die Frage stellen, ob sie in der momentanen Situation gewillt sind, eine Immobilientransaktion durchzuführen. Rechtliche Parameter werden erfahrungsgemäß in diesem Stadium einer Immobilientransaktion eine eher untergeordnete Rolle spielen und erst mit fortgeschrittenen Verhandlungen an Relevanz zunehmen.
Bei den Vertragsanbahnungen wäre vornehmlich an eine Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen (sog. CIC) gemäß § 311 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu denken, wobei hier hohe Anforderungen an ein Verschulden gestellt werden.
Exklusivität
Sobald sich Verkäufer und Käufer darauf geeinigt haben, in vertieftere Vertragsverhandlungen einzusteigen und den Kaufgegenstand näher in Form einer sog. „Due Diligence“ meist rechtlich, technisch und wirtschaftlich zu prüfen, werden die Parteien regelmäßig eine sog. „Exklusivitätsvereinbarung“ abschließen. Dabei sollte auf Käuferseite darauf geachtet werden, dass zu seinen Lasten kein pauschalierter Schadensersatz bei Abbruch der Transaktion vereinbart wird, um spätere Diskussionen darüber zu vermeiden, ob der Käufer bei einer Verschärfung der Corona-Krise zum Abbruch der Verhandlungen berechtigt ist. Sofern bereits eine Exklusivitätsvereinbarung besteht, müsste im Einzelfall geprüft werden, ob ein durch die Corona-Krise bedingter Abbruch der Immobilientransaktion etwaige Schadensersatzansprüche der jeweils anderen Seite auslöst.
Due Diligence
Auf die rechtliche Due Diligence sollte die Corona-Krise regelmäßig keinen entscheidenden Einfluss haben, da die rechtlich relevanten Unterlagen bei üblichen Immobilientransaktionen in einem virtuellen Datenraum zur Verfügung gestellt werden. Probleme kann es dann geben, wenn neben bzw. an Stelle eines virtuellen Datenraums die Dokumente in einem physischen Datenraum bereitgestellt werden. Sollten noch Unterlagen fehlen und diese insbesondere bei Behörden eingeholt werden müssen, führt dies erfahrungsgemäß bereits unter üblichen Umständen zu zeitlichen Verzögerungen der Transaktion. Die Verzögerung wird durch die Ausbreitung des Corona Virus sicherlich erheblich verschärft.
Auf eine physische Einsichtnahme der Bauakte wird indes verzichtet werden müssen.
Wo die rechtliche Due Diligence von der Corona-Krise noch weitestgehend unbeeinflusst bleibt, wird sicherlich die technische Due Diligence erheblich durch die Corona-Krise beeinflusst werden. Erforderliche Vor-Ort-Begehungen des Kaufgegenstands werden voraussichtlich bis auf Weiteres ausgesetzt.
Kaufvertragsverhandlungen
Die Verhandlung des Kaufvertrages sollte in Zeiten der Corona-Krise keine besonderen Einschränkungen erfahren. Neben den gewohnten Telcos können auch Videokonferenzen abgehalten werden, bei denen über die bekannten Tools auch die zu bearbeitenden Dokumente geteilt und gemeinsam bearbeitet werden können.
Beurkundung des Kaufvertrages
Der gewohnte Ablauf einer Beurkundung wird sich durch den Einfluss des Corona-Virus sicherlich ändern. Eine Beurkundung wie z.B. über eine Videokonferenz ist leider nicht möglich, da § 13 Beurkundungsgesetz (BeurkG) vorschreibt, dass die Niederschrift in Gegenwart des Notars den Beteiligten vorgelesen werden muss. Um unnötige Reisen und das Zusammentreffen bei einem persönlichen Erscheinen der Urkundsbeteiligten zu vermeiden, kann die Bevollmächtigung von Notariatsmitarbeitern zweckmäßig sein. Diese könnten zum einen als vollmachtlose Vertreter ohne Übernahme einer Haftung auftreten. In diesem Fall wäre die Handlung der vollmachtlosen Vertreter zu genehmigen. Bis zur Genehmigung ist das Rechtsgeschäft jedoch schwebend unwirksam. Zudem muss die Genehmigung im Falle eines Grundstückkaufs in grundbuchtauglicher Form des § 29 Grundbuchordnung (GBO) erfolgen. D.h. die Genehmigung muss wiederrum von einem Notar beglaubigt werden, wofür die Anwesenheit des zur Genehmigung Berechtigten erforderlich ist.
Um eine nach Beurkundung sofort wirksame Urkunde zu erhalten, müssten die Notariatsmitarbeiter zuvor wirksam bevollmächtigt werden. Für eine wirksame Bevollmächtigung besteht zunächst regelmäßig kein Formzwang. D.h. die Bevollmächtigung könnte privatschriftlich erfolgen. Spätestens für die Abwicklung des Kaufvertrages (insbesondere die Bewilligung der Auflassungsvormerkung) müssen jedoch wieder zwingend die Formvorschriften des § 29 GBO eingehalten werden (siehe oben). Sollten die Notariatsmitarbeiter bei der Beurkundung an Stelle der sonstigen Vertreter auftreten, empfehlen wir, dass die tatsächliche Entscheidungsträger nebst deren Rechtsanwälte per Videokonferenz an der Beurkundung teilnehmen, um etwaig aufkommende Fragen direkt beantworten und den Willen der Vertretenen in den Kaufvertragstext einfließen lassen zu können.
Sollte wegen des Corona-Virus mit dem Gedanken gespielt werden, eine Beurkundung gänzlich abzusagen, sollte darauf geachtet werden, dass keine unnötigen Notargebühren ausgelöst werden. Als Grundregel gilt hier, dass Notargebühren ab dem Zeitpunkt anfallen, ab dem der Notar erstmalig den Kaufvertragsentwurf bearbeitet hat.
Abwicklung des Kaufvertrages
Besondere Schwierigkeiten gibt es sicherlich im Zuge der Corona-Krise bei der Abwicklung des Kaufvertrages. Insbesondere bei der Erfüllung der Fälligkeitsvoraussetzungen. Üblicherweise sind dies (i) die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten des Käufers, (ii) die Einholung der Löschungsunterlagen für etwaige Belastungen des Kaufgegenstands nebst treuhänderische Hinterlegung bei dem Notar, (iii) die Vorkaufsrechtsverzichterklärung der zuständigen Gemeinde sowie (iv) weitere erforderlich geworden Genehmigungen. Hier kann nicht ausgeschlossen werden, dass es zu (mitunter erheblichen) Verzögerungen in der Abwicklung kommt, da das Grundbuchamt und die zuständigen Behörden die Abarbeitung entsprechender Anfragen auf das Nötigste einschränken werden oder sogar gänzlich einstellen. Gleiches gilt voraussichtlich für die Kreditinstitute, deren Mitwirkung für die Erteilung der Löschungsunterlagen erforderlich ist.
Sollten noch weitere Fälligkeitsvoraussetzungen wie z.B. eine Bauverpflichtung Teil des Kaufvertrages sein, wird die Situation sicherlich noch verschärft, da Lieferengpässe oder gar ein Baustopp von Großbaustellen nicht ausgeschlossen werden können.
Welche rechtlichen Auswirkungen eine Verzögerung des Eintritts der Fälligkeitsvoraussetzungen haben kann, muss für jeden Einzelfall gesondert betrachtet werden. Rechtlich bedeutsam wird dies sicherlich dann, wenn die Parteien ein sog. „Long-Stop-Date“ in den Kaufvertrag aufgenommen haben. Insbesondere dann, wenn daran je nach Verantwortlichkeit für das Ausbleiben einzelner Fälligkeitsvoraussetzungen Schadensersatzforderungen geknüpft sind.
Eine rechtlich spannende Frage stellt sich für den Fall, dass zwischen Signing und Closing eine Verschlechterung des Kaufgegenstands aufgrund der Corona-Krise eintritt. Generell stellt das Corona-Virus zwar keine Verschlechterung des Kaufgegenstands dar. Gleiches gilt für die durch die Corona-Krise herbeigeführte wirtschaftliche Lage. Sollte ein Kaufvertrag jedoch eine sog. „“Material Adverse Clause“ (MAC Klausel) beinhalten, die beispielsweise ein Rücktrittsrecht bei einem Mietausfall vorsieht, kann der Einfluss der Corona-Krise auf die Bonität der Mieter eine entscheidende Rolle spielen.
Wenn die Fälligkeitsvoraussetzungen bereits eingetreten sind und damit der Kaufpreis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu zahlen ist, stellt sich die Frage, wie ein etwaiger Zahlungsverzug rechtlich zu bewerten ist. Vorwegnehmend muss auch hier festgehalten werden, dass die rechtlichen Folgen nur für den jeweiligen Einzelfall bewertet werden können. Generell gilt jedoch der Leitsatz „Geld hat man zu haben“. D.h. für den Fall, dass der Kaufpreis aufgrund der Corona-Krise nicht rechtzeitig gezahlt werden kann, geht dies zunächst zulasten des Käufers mit allen damit zusammenhängenden Verzugsfolgen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das Eigenkapital des Käufers. Nichts anderes gilt für Fremdfinanzierungen. Hier mag der Käufer jedoch wiederrum einen Schadensersatzanspruch gegen den jeweiligen Finanzierungsgeber haben, sofern der Käufer alle Voraussetzungen für die Auszahlung erfüllt hat.
Zudem wäre ggf. noch an einen Rücktritt vom Kaufvertrag zu denken. Eine entsprechende Rücktrittsregelung müsste jedoch explizit einen der Corona-Krise vergleichbaren Fall oder hilfsweise den Fall der „höheren Gewalt“ vorsehen, was regelmäßig in Immobilienkaufverträgen nicht vorgesehen ist. Einen gesetzlichen Fall des Rücktritts vom Kaufvertrag aufgrund von „höherer Gewalt“ ist nicht geregelt. Sofern der Kaufvertrag auch eine Bauverpflichtung enthält, ist die Rechtslage differenzierter zu betrachten. Hier könnte der Fall der „höheren Gewalt“ möglicherweise über die Anwendbarkeit der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) Einzug in den Kaufvertrag erhalten haben.
Nach Closing
Nach dem Closing werden üblicherweise noch die Objektunterlagen übergeben und anteilige Abrechnungen seitens des Verkäufers gemacht. Diese Verpflichtungen dürften voraussichtlich von den besonderen Umständen der Corona-Krise unberührt bleiben. Die Eigentumsumschreibung mag sich je nach dem wie sich die Corona-Krise auf die Grundbuchämter auswirkt verzögern.
Fazit
Alles in allem bleibt festzuhalten, dass uns die Corona-Krise in allen Bereichen vor erhebliche Herausforderungen stellen wird und auch Immobilientransaktion davon betroffen sein werden. Es wird niemanden geben, der das tatsächliche Ausmaß zum heutigen Tage bewerten kann. Jeder Sachverhalt wird letztendlich im Einzelnen betrachtet und bewertet werden müssen. Eine dynamische Anpassung an die jeweilige Situation sowie eine etwaige Neubewertung ist unerlässlich. Aber gerade in so schwierigen Zeiten wie diesen nehmen wir unseren Beratungsauftrag gegenüber unseren Mandanten besonders ernst und werden unser Bestes geben, damit wir Sie möglichst schadlos durch die Corona-Krise führen können.
Bei allen rechtlichen Fragen rund um das Thema Corona-Virus helfen wir Ihnen gerne!
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