Die Klausel für die Krise – MAC-Klauseln in M&A-Transaktionen in Zeiten von Corona
In Krisenzeiten werden sie immer wieder diskutiert, die sog. MAC-Klauseln. MAC steht für „Material Adverse Change“.
Was sind MAC-Klauseln?
Die Klauseln gewähren dem Käufer in der Regel das Recht auf Rücktritt von einer vereinbarten Transaktion oder auf Abstehen vom Closing im Fall einer wesentlichen nachteiligen Veränderung der Geschäfte oder der finanziellen Lage der Zielgesellschaft zwischen Vertragsschluss und Closing. Damit wird das Transaktionsrisiko stark auf den Verkäufer verlagert.
In Deutschland stellen MAC-Klauseln beim Kauf nicht börsennotierter Unternehmen bislang die Ausnahme dar, während solche Klauseln in anderen Jurisdiktionen, z.B. in den USA, zum Standard gehören. Bislang war der Transaktionsmarkt in Deutschland zudem verkäuferfreundlich geprägt, sodass MAC-Klauseln allenfalls am Rande diskutiert wurden.
Dies könnte sich in Zeiten der Corona-Krise ändern. Betroffen sind von der Krise längst nicht mehr nur chinesische Unternehmen; betroffen sind mittlerweile weite Kreise der deutschen Wirtschaft. Man denke nur an abgesagte Veranstaltungen und Messen, stornierte Reise- und Hotelbuchungen, geschlossene Geschäfte, Restaurants, Bars, Schulen und Kitas. Bei dem sich abzeichnenden Rückgang des Geschäfts in weiten Bereichen und den negativen wirtschaftlichen Auswirkungen durch das Virus sowie den damit einhergehenden Verunsicherungen könnten Käufer nun die Vereinbarung einer MAC-Klausel fordern wollen, um eine Rücktrittsoption zu haben oder zumindest eine Verhandlungsmöglichkeit für eine nachträgliche Kaufpreisreduktion.
Rücktrittsrecht wegen Corona-Pandemie?
Ob eine MAC-Klausel dies dann auch tatsächlich leisten kann, hängt von ihrer Formulierung ab. Normalerweise betreffen solche Klauseln eben nicht den Fall des Stillstandes des wirtschaftlichen Lebens wegen der massenhaften Ausbreitung eines Virus.
Oftmals klammert die Klausel eine Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Bedingungen (der Branche der Zielgesellschaft) von den zum Rücktritt berechtigenden wesentlichen nachteiligen Veränderungen aus. Mitunter enthalten MAC-Klauseln gar keine Definition der wesentlichen nachteiligen Veränderung. Dann muss der Käufer die unvorhergesehene nachteilige Änderung nachweisen. In den USA gelten widrige Umstände nur dann als geeignetes zum Rücktritt berechtigendes Kriterium, wenn sie aus längerfristiger Perspektive, die sich nach Jahren bemisst, wesentlich sind. Möglicherweise wird das auch in Deutschland zu gelten haben. Ob bei einer vernünftigen Betrachtung über Jahre hinweg die Corona-Krise derart nachteilig sein wird, ist zumindest offen.
Insgesamt ist fraglich, ob traditionelle MAC-Klauseln durch die Corona-Krise überhaupt getriggert werden. Fraglich ist nämlich bereits, ob das Virus wie eine Naturkatastrophe, ähnlich einem Erdbeben oder Hurrikan angesehen werden kann. Pandemien sind oftmals in herkömmlichen MAC-Klauseln sogar ausdrücklich ausgenommen. In diesem Fall nützt die Klausel dem Käufer wenig.
Anders ist dies, und das ist einem Käufer für die Verhandlungen in laufenden Transaktionsprozessen zu raten, wenn die massenhafte Verbreitung eines Virus und ein starker Auftragsrückgang beim Zielunternehmen oder ein Einbruch des Aktienmarktes ausdrücklich als zum Rücktritt berechtigende Umstände in die Klausel aufgenommen werden. Selbst dann aber ist nicht eindeutig, ob das Corona-Virus – Stand heute – noch ein unvorhergesehenes Risiko ist.
Aus Verkäufersicht sollte eine MAC-Klausel, wenn ihre Aufnahme in den Transaktionsvertrag denn unvermeidlich ist, strikt auf die Zielgesellschaft zugeschnitten sein und nachteilige Veränderungen der allgemeinen Markt- oder Branchenlage ausschließen.
Vertragsanpassung oder -aufhebung nach § 313 BGB?
Enthält der Vertrag keine Regelung zum Rücktrittsrecht im Falle einer wesentlichen nachteiligen Veränderung, kommt u.U. nach deutschem Recht eine Anpassung oder gar Aufhebung des Vertrages nach den Grundsätzen der (wesentlichen) Änderung oder des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB.
§ 313 BGB lautet:
„(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.
(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.“
Zu beachten ist hierbei, dass die Umstände, die sich schwerwiegend verändert haben, Vertragsgrundlage geworden sein müssen. Das Gleiche gilt für die Vorstellungen der Parteien, die sich als falsch erweisen.
Die Hürden für eine Anpassung bzw. Aufhebung eines Vertrages wegen Änderung oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage sind jedenfalls hoch. Ob die Voraussetzungen hierfür in Zeiten einer Corona Pandemie vorliegen, ist offen. Letztlich wird es insoweit auf die Umstände des Einzelfalls ankommen.
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