Das Transparenzregister als Vollregister – Meldepflichten in 2022 für (nahezu) alle!
Seit dem 1. August 2021 gilt das Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz (TraFinG), demzufolge das Transparenzregister von einem Auffang- zu einem Vollregister umgestellt wurde. Aufgrund des Ablaufs der zur Durchführung gesetzten Übergangsfristen zur Meldefiktion, beginnend ab dem 31. März 2022, erwachsen künftig konkrete Meldepflichten, die bei Nichtbefolgung zu empfindlichen Bußgeldern führen können.
I. Rechtlicher Hintergrund
Das Transparenzregister wurde bereits 2017 durch das Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie vom 23.6.2017 (BGBl. I 2017, 1822) eingeführt und soll insbesondere der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung dienen, indem die wirtschaftlich Berechtigten hinter komplexen gesellschaftsrechtlichen Strukturen publik gemacht werden (sog. „Follow the money“-Prinzip). Das Transparenzregister verpflichtet alle juristischen Personen des Privatrechts und eingetragenen Personengesellschaften zur Meldung von Informationen über ihre wirtschaftlich Berechtigten im Sinne des § 3 GwG. Bis zum 1. August 2021 galt eine Meldefiktion nach § 20 Abs. 2 GwG a.F., wonach die Meldepflicht dann entfiel, wenn sich die notwendigen Angaben vollständig aus anderen öffentlich geführten Register, wie dem Handels-, Partnerschafts-, Genossenschafts-, Vereins- oder Unternehmensregister ergeben haben. Diese Vorschrift hat der Gesetzgeber mit dem TraFinG ersatzlos gestrichen, um das deutsche Transparenzregister mittelfristig mit anderen europäischen Transparenzregistern verknüpfen zu können und den Status als Auffangregister aufzuheben. Die Folge sind weitreichende Mitteilungspflichten für (nahezu) alle Unternehmen.
1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen
Das Transparenzregister ist in den §§ 18 ff. GwG normiert, wobei folgende Bestimmungen für die Verpflichteten von besonderer Relevanz sind:
- § 3 GwG: Definition wirtschaftlich Berechtigte
- § 19 GwG: Erforderliche Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten
- §§ 20, 21 GwG: Transparenzpflichten
2. Wer ist zur Mitteilung verpflichtet?
Zur Mitteilung verpflichtet sind alle juristischen Personen des Privatrechts (d.h. AG, SE, KGaA, GmbH, eingetragener Verein, eingetragene Genossenschaft und rechtsfähige Stiftungen) und eingetragene Personengesellschaften (OHG, KG sowie Partnerschaftsgesellschaften nach dem PartGG). Zunächst nicht erfasst sind Gesellschaften bürgerlichen Rechts (dies ändert sich jedoch für eingetragene Gesellschaften bürgerlichen Rechts mit Inkrafttreten des MoPeG ab dem 1. Januar 2024).
Zudem ist nach nunmehr auch der mittelbare Erwerb von Immobilien meldepflichtig, da eine ausländische Vereinigung zukünftig auch dann meldepflichtig ist, wenn sie Anteile an einer Gesellschaft mit inländischem Grundeigentum im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG erwirbt (d.h. auch beim Erwerb durch einen Share Deal). Bislang mussten ausländische Vereinigungen ihre wirtschaftlich Berechtigten hingegen nur bei einem Direkterwerb einer inländischen Immobilie (d.h. im Wege des Asset Deal) an das Transparenzregister melden. Kommt die ausländische Gesellschaft ihrer Verpflichtung nicht nach, besteht ein Beurkundungsverbot. Eine Ausnahme besteht dann, wenn bereits eine Eintragung in ein vergleichbares Register eines anderen EU-Mitgliedsstaates erfolgt ist.
3. Begriff des Wirtschaftlich Berechtigten
Zentraler Begriff für die erforderlichen Mitteilungen an das Transparenzregister ist der „wirtschaftlich Berechtigte“. Wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des § 3 GwG ist diejenige natürliche Person, (i) in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle eine juristische Person, sonstige Gesellschaft oder Rechtsgestaltung letztlich steht, oder (ii) auf deren Veranlassung eine Transaktion letztlich durchgeführt oder eine Geschäftsbeziehung begründet wird.
Dabei ist zwischen unmittelbar (hierzu a)), mittelbar (hierzu b)) und fiktiv (hierzu c)) wirtschaftlich berechtigten Personen zu differenzieren:
a) Unmittelbar Wirtschaftlich Berechtigte
Die Feststellung des unmittelbar wirtschaftlich Berechtigten stellt in der Praxis keine größeren Schwierigkeiten dar, da er sich regelmäßig an der Höhe der Kapital- und Stimmrechtsanteile an der betroffenen Gesellschaft bestimmen lässt.
Unmittelbar wirtschaftlich Berechtigter ist danach, wer mehr als 25 % der Kapitalanteile oder Stimmrechte an einer Gesellschaft hält. Darüber hinaus gilt eine natürliche Person auch als unmittelbar wirtschaftlich Berechtigter, wenn sie aktiv-gestalterisch Kontrolle ausübt, das heißt insbesondere beherrschenden Einfluss ausüben kann (z.B. aufgrund von Treuhandverhältnissen, Vetorechten oder Stimmbindungsvereinbarungen).
b) Mittelbar Wirtschaftlich Berechtigte
Problematischer ist hingegen regelmäßig die Bestimmung des wirtschaftlich Berechtigten bei einer mehrstöckigen Beteiligung, insbesondere bei Gruppengesellschaften über mehrere Beteiligungsebenen.
Eine natürliche Person kann danach mittelbarer wirtschaftlicher Berechtigter sein, wenn die Anteile, Stimmrechte oder sonstigen Kontrollmittel i.S.v. § 3 Abs. 2 S. 1 GwG, nicht unmittelbar von der natürlichen Person selbst, sondern von einer oder mehreren Zwischengesellschaft gehalten werden, die ihrerseits der unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle der natürlichen Person unterliegt (§ 3 Abs. 2 S. 2 GwG).
Praktisch bedeutet dies, dass mittelbar wirtschaftlich Berechtigter derjenige ist, der beherrschenden Einfluss über die zwischengeschaltete Gesellschaft ausübt. Dabei hat eine isolierte Betrachtung auf die jeweilige Gruppengesellschaft zu erfolgen, sodass jedenfalls hinsichtlich der betroffenen Gesellschaft ein Merkmal des § 3 GwG erfüllt sein muss und durch die Kette eine natürliche Person beherrschenden Einfluss auf die zwischengeschalteten Gesellschaften ausübt (siehe hierzu nachstehendes Beispiel).
c) Fiktiver Wirtschaftlich Berechtigter
Sollte sich kein wirtschaftlich Berechtigter identifizieren lassen (beispielsweise aufgrund breitem Streubesitzes der Anteile an der betroffenen Gesellschaft und fehlen sonstiger Merkmale), gilt gemäß § 3 Abs. 2 S. 5 GwG als fiktiver wirtschaftlich Berechtigter die natürlicher Person, die gesetzlicher Vertreter, geschäftsführender Gesellschafter oder Partner des Vertragspartners ist.
4. Erforderliche Angaben
Folgende Angaben sind gemäß der gültigen Ausweisdokumente gegenüber dem Bundesanzeiger durch die jeweils verpflichteten Unternehmen zu den wirtschaftlich Berechtigten zu machen:
- Vollständiger Vor- und Nachname;
- Geburtsdatum;
- Wohnort;
- Art- und Umfang des wirtschaftlichen Interesses (insbesondere Beteiligungshöhe); und
- (alle) Staatsangehörigkeit(en).
5. Übergangsfristen
Für die erforderlichen Mitteilungen der Verpflichteten, deren Pflicht zur Mitteilung an das Transparenzregister bisher durch die Meldefiktionen entfallen war, gelten folgende Übergangsfristen:
- Aktiengesellschaft (AG), Societas Europaea (SE) und Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) haben ihre Pflichten bis zum 31. März 2022 zu erfüllen;
- Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), Genossenschaften (eG), Europäische Genossenschaften (SCE) oder Partnerschaften (PartG) haben ihre Pflichten bis zum 30. Juni 2022 zu erfüllen; und
- In allen anderen Fällen (z.B. OHG oder KG) sind die Pflichten bis zum 31. Dezember 2022 zu erfüllen.
In sonstigen Fällen muss die Mitteilung unverzüglich vorgenommen werden, insbesondere im Hinblick auf neu gegründete Rechteinheiten, da für diese die Übergangsfristen nicht eingreifen.
6. Rechtsfolgen bei Verstoß gegen Meldepflichten
Verstöße gegen die Meldepflicht stellen Ordnungswidrigkeiten dar, die bei vorsätzlicher Begehung mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu EUR 150.000 und in den Übrigen Fällen in Höhe von maximal EUR 100.000 geahndet werden können.
Bei schwerwiegenden, wiederholten oder systematischen Verstößen drohen Bußgelder in Höhe von bis zu einer EUR 1.000.000 oder bis zum Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils.
Für die Qualifizierung eines Verstoßes gegen die Meldepflichten als bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 55, 58 bis 60 GwG gilt aktuell noch jeweils eine Aussetzungsfrist von zwölf Monaten nach Ablauf der Übergangsfristen (d.h. bis mindestens 1. April 2023)
II. Konkrete Folgen für Unternehmen
Aufgrund der Erstarkung des Transparenzregisters vom Auffang- zum Vollregister und der daraus resultierenden weitgehenden Meldepflichten für nahezu alle Gesellschaftsformen empfiehlt es sich folgende Maßnahmen zu ergreifen, um die Verhängung von Bußgeldern in der Zukunft zu vermeiden:
- Prüfung, ob und wenn ja welche Übergangsfrist für die jeweilige Rechtsform gilt. Eine Mitteilung an das Transparenzregister sollte in jedem Falle möglichst zeitnah angestrebt werden.
- Identifikation der (mittelbar) wirtschaftlich Berechtigten, bei komplexen Beteiligungsstrukturen ggfs. unter Einbindung (externer) Rechtsberater.
- Zusammenstellung der erforderlichen Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten nach Ziffer I. 4 auf Grundlage der gültigen Ausweisdokumente.
- Engmaschige Prüfung der (i) aktuellen Verwaltungspraxis aufgrund der FAQs des BVA, um etwaige Konkretisierungen der Mitteilungspflichten ordnungsgemäß abzubilden und Änderungen rechtzeitig zu berücksichtigen und (ii) Erforderlichkeit von Anpassungen der Angaben zu wirtschaftlich Berechtigten bei Transaktionen, Änderungen der Managementstruktur oder Satzungen.
- Etablierung eines internen Systems zur regelmäßigen Überprüfung der Aktualität und Korrektheit der Angaben zu den (mittelbar) wirtschaftlich Berechtigten der verschiedenen (Gruppen-)Gesellschaften durch Einrichtung einer intern zuständigen Stelle.
- Erstellung einer angemessenen Dokumentation der Maßnahmen und Feststellungen zu den wirtschaftlich Berechtigten, insbesondere bei fiktiv wirtschaftlich Berechtigten (§ 8 GwG).
III. Ausblick
Im weiteren Verlauf des Jahres enden die Übergangsfristen für die Meldungen zum Transparenzregister je nach Rechtsform nach und nach für sämtliche Unternehmen, beginnend ab dem 31. März 2022.
Unternehmen sollten daher zeitnah prüfen, ob die richtigen (unmittelbar) wirtschaftlich Berechtigten in das Transparenzregister eingetragen sind und anderenfalls diese ggfs. identifizieren und entsprechende (berichtigende) Meldungen vornehmen.
Auch wenn für die Qualifizierung einer Nicht- oder Falscheintragung als Ordnungswidrigkeit noch Aussetzungsfristen bis zum 31. März bzw. 30. Juni bzw. 31. Dezember 2023 gelten, sollten Unternehmen vor dem Hintergrund der häufigen Ergänzungen und Änderungen der FAQs des Bundesverwaltungsamts sowie der gesetzlichen Grundlagen ihre Angaben zum Transparenzregister nun fortlaufend kontrollieren und entsprechende interne Richtlinien zur Überprüfung aufstellen.
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