Die Digitalisierung des Geldes – Fintech und die Bankaufsicht
FinTech – das ist ein Sammelbegriff für junge, dynamische Unternehmen, die Finanzdienstleistungen aller Art digitalisieren und damit die Zukunft der gesamten Branche gestalten. Aber das neue Geschäftsmodell wirft auch aufsichtsrechtliche Fragen auf.
Der große Vorteil der jungen Innovativen liegt darin, dass sie viele alltägliche Bankgeschäfte für den Kunden deutlich einfacher machen. Während viele eingesessene Banken immer noch in erster Linie das Produkt im Fokus haben, denken die FinTechs vom Kunden her. Ein Smartphone genügt in Zukunft, um einen Bausparvertrag abzuschließen, einen Kredit zu beantragen oder eine Investition zu platzieren. Bequemlichkeit wird zum Maßstab der Markttauglichkeit. Sind FinTechs die Banken von morgen? Falls ja, stellt sich die Frage, welchen Erlaubnispflichten sie unterliegen und ob sie ebenso wie konventionelle Banken der Bankaufsicht unterfallen.
Vermitteln, vergleichen, beraten – die Art des Geschäfts bestimmt die Lizenz
Erlaubnispflichtig sind in Deutschland die in § 1 Abs. 1 und Abs. 1a KWG (Kreditwesengesetz) aufgeführten Dienstleistungen von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten; die Voraussetzungen betreffen etwa die Kapitalausstattung der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute, deren Geschäftsleitung, die Organisation und den Jahresabschluss. Weniger streng sind die Voraussetzungen der §§ 34c, 34f GewO, die für alle Unternehmen gelten, die nicht als Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut einzustufen sind; hier ist für die Aufsicht nicht die BaFin, sondern Gewerbeaufsichtsamt bzw. die Industrie- und Handelskammer zuständig. Eine Erlaubnis nach dem ZAG (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz) ist bereits für solche Unternehmen erforderlich, die Zahlungsdienste wie SEPA-Transaktionen anbietet.
Für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute hängt der genaue Umfang der Erlaubnis von der Art der angebotenen Dienstleistung ab. Wenn zum Beispiel ein Online-Portal dem Kunden Investitionsentscheidungen abnimmt und selbständig Anlagen tätigt, liegt ein Fall von Finanzportfolioverwaltung vor; hier gilt § 1 Abs. 1a S.2 Nr. 3 KWG. Werden hingegen spezifische, kundenbezogene Empfehlungen ausgesprochen, auf Grundlage derer der Kunde selbst sein Anlageverhalten bestimmt, handelt es sich um Anlageberatung gemäß §1 Abs. 1a S.2 Nr. 1a KWG. Dies gilt selbst dann, wenn das Unternehmen selbst darauf hinweist, keine Anlageberatung zu betreiben, denn nicht die Selbstwahrnehmung, sondern die tatsächlichen Umstände sind hier ausschlaggebend. Auch der automatisierte Vertrieb von Finanzinstrumenten und ähnliche digitale Angebote, die unter den Sammelbegriff „Robo Advice“ fallen, erfüllen in aller Regel den Tatbestand der Anlagenberatung und bedürfen einer Erlaubnis nach Bank- und Gewerberecht. Entscheidend ist also nicht, „was draufsteht, sondern was drin ist“.
Auch bei den immer beliebteren Online-Krediten muss nach Art der Dienstleistung unterschieden werden. Vergleichsportale, bei denen dem Kunden lediglich Kreditanbieter vorgeschlagen werden, bedürfen keiner Erlaubnis i.S.v. § 1 Abs.1 Nr.2 KWG; sie benötigen lediglich eine Erlaubnis gemäß § 34 GewO. Tritt ein Online-Kredit-Portal jedoch selbst als Vertragspartner auf, betreibt es ein Kreditgeschäft, das eine Erlaubnis nach dem KWG erfordert.
Ähnlich ist es beim Crowdfuning, das ebenfalls immer populärer wird. Erfolgt eine Kampagne zum Sammeln von Spenden, die also lediglich mit der Öffentlichkeitsarbeit des Anliegens befasst ist, wird keine Erlaubnis gemäß § 32 KWG benötigt. Auch beim Crowdlending wird der Darlehensvertrag lediglich vermittelt; das Portal ist in der Regel nicht Vertragspartner und benötigt demnach keine entsprechende Erlaubnis nach dem KWG. Eine mögliche Erlaubnispflicht nach § 34c Abs.1 Nr.2 GewO bleibt hiervon jedoch unberührt. Beim Crowdinvesting, bei dem eine Unternehmensbeteiligung Ziel des Geschäfts ist und Finanzinstrumente erworben werden, kommen Erlaubnispflichten nach dem KWG, KAGB (Kapitalanlagegesetzbuch), ZAG und WpHG (Wertpapierhandelsgesetz) in Betracht. Anbieter von Beteiligungen unterliegen u.U. der Prospektpflicht nach dem VermAnlG (Vermögensanlagegesetz) oder dem WpPG (Wertpapierprospektgesetz)
Digital oder analog – noch sind die Regeln die gleichen
Die Finanzaufsicht versucht, die neuen Produkte und Dienstleistungen unter die bestehenden Regeln zu subsumieren. Vieles ist hierbei noch ungeklärt, dies gilt nicht nur für App- oder online-basierte Dienstleistungen, sondern insbesondere auch für Kryptowährungen und andere Blockchain basierte Instrumente. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass, solange die Digitalisierung finanzieller Dienstleistungen den Grundcharakter des Geschäftsmodells nicht nachhaltig verändert, das für herkömmliche Banken geltende Aufsichtsrecht auch auf FinTechs anwendbar bleibt und je nach Art und Umfang der angebotenen Leistung die gleichen Erlaubniserfordernisse wie beim analogen Geldgeschäft bestehen.
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