Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers in der Corona-Pandemie

Die stetig zunehmende Ausbreitung des Corona-Virus wirkt sich spürbar auf alle Lebensbereiche aus. Besonders betroffen ist hiervon auch das Berufsleben, weshalb Arbeitgeber derzeit mit zahlreichen Fragen konfrontiert sind.

Der nachfolgende Artikel soll erläutern, welche Maßnahmen der Arbeitgeber zum Schutze seiner Arbeitnehmer vor einer Infektion mit dem neuartigen Virus nun treffen muss und welche Reaktion im Falle einer Infektion im Betrieb geboten ist.

Die Bedeutung der Fürsorgepflicht im Allgemeinen

Aus der Natur des Arbeitsverhältnisses ergibt sich für den Arbeitgeber eine sog. Fürsorgepflicht gegenüber seinen Arbeitnehmern. Das bedeutet, dass er dazu verpflichtet ist, auf die Rechtsgüter seiner Arbeitnehmer Rücksicht zu nehmen und diese zu schützen. Letzteres ist unter anderem im Arbeitsschutzgesetz näher geregelt. Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit gewährleisten und ihm möglich und zumutbar sind.

Pflichten des Arbeitgebers in der Corona-Pandemie

Die offiziell als Pandemie eingestufte Ausbreitung von Covid-19 erfordert besondere Vorkehrungen, um die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu gewährleisten.

Der Arbeitgeber ist nach § 12 Abs. 1 ArbSchG bzw. § 81 Abs. 1 S. 2 BetrVG verpflichtet, die Beschäftigten über die Sicherheit sowie den Unfall- und Gesundheitsschutz ausreichend und angemessen zu informieren. In der aktuellen Situation bedeutet dies, dass der Arbeitgeber seine Angestellten über die Krankheit, ihre Grundlagen, ihre Übertragung und die Gefahren der Ansteckung im Arbeitsverhältnis informieren muss. Bei Veränderungen der Gefahrensituation muss er dies später gegebenenfalls wiederholen bzw. anpassen. Die Arbeitnehmer sollten zudem bereits vorab über das richtige Verhalten im Falle einer möglichen oder sogar bestätigten Infizierung informiert werden. Auch den Arbeitnehmer trifft eine vertragliche Rücksichtnahmepflicht, aus der er verpflichtet ist, dem Arbeitgeber Auskunft über ein erhöhtes Infektionsrisiko (bspw. durch einen Aufenthalt in einem Risikogebiet) zu erteilen. Hierauf sollte der Arbeitgeber hinweisen.

Darüber hinaus ist der Arbeitgeber auch zu weiteren, ihm möglichen, zumutbaren und zum Gesundheitsschutz erforderlichen Maßnahmen verpflichtet. In jedem Fall zumutbar ist das Aufstellen betrieblicher Verhaltensregeln und die Gewährleistung der Arbeitsplatzhygiene durch regelmäßiges Reinigen und Desinfizieren, bspw. durch das Bereitstellen von Seife und Papiertüchern auf Toiletten. Je nach Art des Betriebes und den Infektionsrisiken ist der Arbeitgeber auch zum Bereitstellen von Desinfektionsmittel verpflichtet, z.B. in Betrieben mit regelmäßigem Kundenkontakt.

Schließlich sollte die Kommunikation innerhalb der Firma, wie auch gegenüber Geschäftspartnern oder Kunden, wenn möglich über E-Mail, Telefonate oder Videokonferenzen erfolgen.

Die richtige Reaktion auf einen „Corona-Fall“ im Betrieb

Sollte ein Mitarbeiter im Betrieb Anzeichen einer Infektion aufweisen oder tatsächlich erkrankt sein, muss zum Schutz der übrigen Mitarbeiter richtig gehandelt werden.

Weist ein Arbeitnehmer Anzeichen einer Erkrankung auf, kann und sollte der Arbeitgeber ihn anweisen, einen Arzt aufzusuchen oder eine betriebsärztliche Untersuchung anordnen.

Der Arbeitgeber kann zudem Arbeitnehmer einseitig freistellen, wenn das Suspendierungsinteresse das Interesse des Arbeitnehmers an einer vertragsgemäßen Beschäftigung überwiegt. Dies ist der Fall, wenn der konkrete Verdacht einer Infizierung mit dem Corona-Virus besteht, z.B. wenn Krankheitssymptome auftreten oder sich der Arbeitnehmer zuvor in einem Risikogebiet aufgehalten hat. Zu beachten ist aber, dass der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers nach § 615 BGB weiter bestehen bleibt

Stellt sich heraus, dass sich der Arbeitnehmer tatsächlich mit Covid-19 infiziert hat, ist der Arbeitnehmer dazu verpflichtet, die übrigen Mitarbeiter darüber zu informieren. Im Einzelfall kann es hierzu erforderlich sein, den Namen des Erkrankten mitzuteilen. Zwar handelt es sich hierbei um schutzwürdige Gesundheitsdaten i.S.v. Art. 9 Abs. 1 DSGVO, jedoch kann eine Verarbeitung dieser Daten in Ausnahmefällen nach Art. 6 Abs. 1 lit. b), d) und f) DSGVO zur Erfüllung der arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht gerechtfertigt sein. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn Kollegen mit dem Erkrankten in Kontakt waren und deshalb informiert werden müssen. Der Arbeitnehmer sollte zur Auskunft hierüber aufgefordert werden und es sollte erwogen werden, mit den Betroffenen eine Vereinbarung über Home-Office zu treffen oder diese freizustellen. Dies insbesondere dann, wenn hierunter Personen sind, die zu den vom Robert-Koch-Institut ausgezeichneten Risikogruppen gehören. Schließlich sollten diejenigen Bereiche des Betriebs, in denen der Erkrankte zugegen war gründlich gereinigt und desinfiziert werden. Darüber hinaus kann der Austausch mit dem Gesundheitsamt sinnvoll sein, auch wenn der Arbeitgeber grundsätzlich keine Meldepflicht hat.

Was bei Dienstreisen jetzt zu beachten ist

Teilweise sehen Arbeitsverträge Dienstreisen ins Ausland vor. Der Arbeitgeber kann Dienstreisen im Rahmen seines Weisungsrechts aus § 106 GewO nach billigem Ermessen anordnen. Unbillig und dem Arbeitnehmer unzumutbar ist eine solche Reise dann, wenn sie mit erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit einhergehen würde. Dies ist derzeit bei Dienstreisen in Gebiete, für die das Auswärtige Amt eine Reisewarnung ausgesprochen hat der Fall. Die Unzumutbarkeit kann aber auch aus persönlichen Umständen des Arbeitnehmers folgen, etwa wenn er zu einer Risikogruppe zählt. Der Arbeitnehmer darf die Dienstreise dann verweigern, ohne arbeitsrechtliche Sanktionen befürchten zu müssen. Aufgrund der Einstellung der meisten Flüge ins Ausland und der Schließung der Grenzen stellt sich diese Frage zum jetzigen Zeitpunkt aber eher nicht.

Ist ein Arbeitnehmer für seinen deutschen Arbeitgeber aktuell bereits im Ausland in einem Risikogebiet eingesetzt, ist der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht dazu verpflichtet, sich stetig über die Situation in dem konkreten Land zu informieren und gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen zu treffen, z.B. die Anordnung von Home-Office oder sogar eine Rückholung in die Wege zu leiten.

Fazit

Zusammenfassend empfehlen wir Arbeitgebern daher:

  • informieren Sie Ihre Arbeitnehmer über die Krankheit, ihre Ansteckungsgefahr, aktuelle Veränderungen und das Verhalten im Falle einer (möglichen) Infektion
  • stellen Sie Verhaltensregeln auf
  • Achten Sie besonders auf die Einhaltung von Hygienevorschriften
  • reduzieren Sie die Ansteckungsgefahr ggf. durch Home-Office, Freistellung, Urlaub und Kommunikation per E-Mail, Telefon oder Videokonferenzen
  • weisen Sie Ihren Arbeitnehmer bei Anzeichen einer Infektion an, zum Arzt zu gehen
  • informieren Sie die übrigen Mitarbeiter, insbesondere Kontaktpersonen, wenn sich ein Arbeitnehmer mit dem Virus infiziert hat
  • Sehen Sie von Dienstreisen in Risikogebiete ab
  • informieren Sie sich über die Situation in den Ländern, in denen Ihre Arbeitnehmer für Sie im Einsatz sind und treffen Sie gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen

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