Auf dem Weg zur eGbR - die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts kommt voran.

Die geplante Modernisierung des Personengesellschaftsrechts ist einen Schritt weitergekommen. Am 21. April 2021 fand die öffentliche Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG) unter der Leitung des stellvertretenden Vorsitzenden Prof. Dr. Heribert Hirte statt.

Die Reaktionen auf den Gesetzesentwurf zum MoPeG („RegE MoPeG“) waren – wie erwartet – überwiegend positiv. Insbesondere wurde die als dringend erforderlich betrachtete Einführung eines Gesellschaftsregisters unterstützt, um die aktuell bestehende Transparenzlücke hinsichtlich Existenz, Identität und Gesellschafterbestand bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts zu schließen.

Kritisch zum RegE MoPeG äußerte sich die Leiterin des Referats Gesellschafts- und Bilanzrecht des Deutschen Industrie- und Handelskammertages e.V. (DIHK) Annika Böhm. Aus Sicht der DIHK kann die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts zwar grundsätzlich für mehr Rechtsklarheit und Rechtssicherheit sorgen. Der RefE MoPeG unterliege jedoch in wesentlichen Teilen grundsätzlichen Bedenken. Der Hauptkritikpunkt ist, dass die GbR durch den RegE MoPeG deutlich komplexer, aufgrund der geplanten Registrierung im Gesellschaftsregister der Kostenaufwand erhöht wird und insgesamt höhere Markteintrittsschranken entstehen würden. Die GbR müsse aber auch weiterhin eine niederschwellige und möglichst einfach zu gründende und zu führende Gesellschaftsrechtsform bleiben. Der Sachverständige, Herr Prof. Alexander Schall, sah in seiner Stellungnahme eine verfassungsrechtliche Prüfung für dringend geboten, insbesondere mit Blick auf die geplante Abschaffung von Gesamthandvermögen und die daraus resultierenden steuerrechtlichen Implikationen.

Dieser Blogbeitrag beschäftigt sich mit der geplanten Grundkonzeption der Reform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die einzelnen Regelungen und ihre Auswirkungen auf die Praxis sowie die Gesetzesänderungen im Recht der Personenhandelsgesellschaften werden Gegenstand weiterer Blogbeiträge in der FPS Blogbeitragsreihe zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts sein.

I. Regelungsaspekte im Recht der GbR

Der RegE MoPeG hat zwar einen erheblichen Umfang, doch wird dadurch die Rechtslage nicht unbedingt grundlegend geändert oder komplexer. Vielmehr kodifiziert der Gesetzgeber teilweise die in der Rechtsprechung und dem Schrifttum herausgebildeten Grundsätze, etwa Übertragbarkeit von Gesellschaftsanteilen, § 711 BGB-E, Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter bei Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters, § 712a BGB-E sowie die Haftung der Gesellschafter, § 721 ff. BGB-E. Teilweise ersetzt der RegE MoPeG geltende und in der Praxis regelmäßig abbedungene Regelungen durch solche, die typischerweise zwischen Gesellschaftern vereinbart werden, wie zum Beispiel jährlicher Rechnungsabschluss und Gewinnverteilung, § 718 BGB-E, Ausscheiden statt Auflösung, Kündigung der Mitgliedschaft, § 725 BGB-E. Ferner gestaltet RefE MoPeG die GbR als „Grundform aller rechtsfähigen Personengesellschaften“ aus.

1. Neugliederung und Regelungsstruktur der GbR

Der RefE MoPeG basiert im Grundsatz auf der bekannten, systemprägenden Zweiteilung in:

  • (nicht registrierte) rechtsfähige GbR, §§ 705 BGB-E, wenn sie nach außen, d.h. am Rechtsverkehr auftritt und
  • nicht rechtsfähige GbR, § 740 ff. BGB-E, wenn sie den Gesellschaftern nur zur Ausgestaltung ihres Rechtsverhältnisses untereinander dient.

Dass die Außen-GbR im Rechtsverkehr als solche Trägerin von Rechten und Pflichten sein kann, ist bereits seit der grundlegenden BGH-Entscheidung „ARGE Weißes Ross“ vom 29.01.2001 (Az: II ZR 331/00) anerkannt. Nunmehr wird die Rechtsfähigkeit auch gesetzlich verankert, § 705 BGB-E. Zusätzlich zu der bekannten Zweiteilung wird nun eine dritte Fallgruppe gebildet:

  • im Gesellschaftsregister registrierte rechtsfähige GbR, § 707 ff. BGB-E.

Ob die GbR rechtsfähig ist, richtet sich nach dem RefE MoPeG nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter zur Teilnahme am Rechtsverkehr. Diese Regelung stößt auf Kritik, weil der Wille im Widerspruch zum äußeren Erscheinungsbild stehen kann und als bloßes Internum für Dritte nicht erkennbar ist. Der Bundesrat hat vor diesem Hintergrund die Aufnahme einer Vermutungsregelung angeregt. Die GbR soll rechtsfähig sein, wenn der Gegenstand der Gesellschaft auf den Betrieb eines Unternehmens gerichtet ist oder die Gesellschafter einen gemeinsamen Namen tragen.

In der Praxis nicht selten dürften die Fälle sein, in welchen sich eine GbR durch formlosen Zusammenschluss und ohne klare Absprachen bildet. Für den Rechtsverkehr können daraus Beweisschwierigkeiten entstehen. Der Dritte, der die Gesellschaft ohne die Mitgesellschafter in Anspruch nehmen will, muss beweisen, dass die Gesellschafter mit dem Auftreten nach außen einverstanden waren oder dieses zumindest kannten oder kennen mussten. Eine Vermutungsregelung könnte vor diesem Hintergrund hilfreich sein.

2. Die rechtsfähige GbR als Grundform aller Personengesellschaften

Anders als bislang wird das gesetzliche Leitbild von der nicht rechtsfähigen Gelegenheitsgesellschaft auf eine rechtlich verselbstständigte und auf gewisse Dauer angelegte Gesellschaft umgestellt. Sie wird nunmehr zum Grundtypus aller Personengesellschaften. Finden sich für OHG oder KG keine speziellen Regeln, ist kraft der Verweisung in § 105 III, 161 II HGB auf das Recht der GbR zurückzugreifen. Der RefE MoPeG baut dieses „Baukastenprinzip“ regelungstechnisch durch die Verschiebung zahlreicher allgemeinen Vorschriften vom HGB ins BGB, etwa die Regeln bezüglich Ersatz von Aufwendungen und Verlust, § 110 HGB, Beschlussfassung, §119 HGB, und Haftung, § 128-130a HGB.

3. Registrierung im Gesellschaftsregister, § 707 Abs. 1 BGB-E

Für eine GbR soll in Zukunft die Möglichkeit bestehen, sich in ein Gesellschaftsregister einzutragen. Eine Registrierungspflicht besteht dabei nicht und die Registrierung ist auch keine Voraussetzung für die Erlangung der Rechtsfähigkeit. Parallel werden jedoch zahlreiche Registrierungsanreize geschaffen. Beispielsweise können nur registrierte Gesellschaften ein Sitzwahlrecht ausüben, § 706 BGB-E, mit Publizitätswirkung über ihre Vertretungsbefugnis disponieren, § 720 Abs. 2 BGB-E. Zudem sind nur die registrierten Gesellschaften umwandlungsfähig.

Die Eintragung ist ferner ein formelles Voreintragungserfordernis dafür, dass die GbR im Grundbuchamt oder im Aktien- oder im Handelsregister bzw. einer dort zu hinterlegenden Gesellschafterliste eingetragen werden kann. Die Registrierung wäre also nunmehr eine verfahrensrechtliche Voraussetzung oder eine Art Grundbuchsperre für den Erwerb von und die Verfügung über registrierte Rechte durch die Gesellschaft, wobei der Kreis der registrierten Rechte eingeschränkt wurde. Marken, Designs usw. sind in Abweichung vom Mauracher Entwurf von dieser Regelung nicht umfasst.

Aus Sicht der Praxis ist dieses freiwillige Registrierungskonzept sehr zu begrüßen, da die mit der Registrierung verbundenen Publizitätswirkungen Rechtssicherheit hinsichtlich der Existenz, Identität und ordnungsgemäßer Vertretung einer GbR schaffen. Nach der aktuellen Rechtslage können sich Rechtsgeschäfte mit einer GbR nämlich als äußerst risikoträchtig darstellen. Der Vertragspartner, der mit einer GbR kontrahieren will, kann nach der aktuellen Rechtslage (mit Ausnahme durch Vorlage des Gesellschaftsvertrags) nicht nachprüfen, ob die GbR tatsächlich existiert und wirksam vertreten wird. Eine GbR wird grundsätzlich durch alle Gesellschafter vertreten, so dass eine wirksame Vertretung allein schon dann nicht vorliegt, wenn ein Gesellschafter der GbR am Vertragsschluss nicht beteiligt war. Dieses Publizitätsdefizit hat sich vor allem im Grundstücksverkehr als nachteilig erwiesen und musste in der Vergangenheit durch die Einführung von § 899 a BGB und § 47 Abs. 2 GBO (nur) notdürftig repariert werden. Nun werden diese Vorschriften als Folge der Registereinführung obsolet und gestrichen.

Abweichend von den Regelungen des Mauracher Entwurfs gilt nach Eintragung der GbR im Gesellschaftsregister nun folgerichtig das handelsrechtliche Firmenrecht und die GbR hat zwingend den Rechtsformzusatz „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ im Rechtsverkehr zu führen.

Die Eintragungen im Gesellschaftsregister werden entsprechend § 12 HGB nur über den Notar ermöglicht und genießen dann öffentlichen Glauben, § 15 HGB.

Nach Eintragung kann die Gesellschaft nicht ohne weiteres auf Antrag gelöscht werden und müsste vielmehr nach den allgemeinen Vorschriften liquidiert werden § 707a Abs. 4 BGB-E.

4. Transparenzregister

Die Registrierung in das Gesellschaftsregister führt dazu, dass die eGbR auch der Transparenzregisterpublizität unterliegt. Die GbR wird daher Angaben zu ihren wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister übermitteln müssen.

5. Sog. Statuswechsel, § 707c BGB-E

RegE MoPeG führt nun erstmals das für die Praxis äußerst wichtige Institut des sog. Statuswechsels als registerrechtlichen Vorgang außerhalb der Umwandlungsmaßnahmen nach UmwG ein, § 707c BGB-E, um den Wechsel zwischen Gesellschafts-, Handels- und Partnerschaftsgesellschaftsregister zu ermöglichen. Der Wechsel beispielsweise von der GbR in die Partnerschaftsgesellschaft oder Personenhandelsgesellschaft würde dann ebenso wie der umgekehrte Weg aus dem Register mit einem entsprechenden Statuswechselvermerk ersichtlich sein.

6. Sitzwahlrecht, § 706 BGB-E

Eine weitere essentielle Änderung ist das Sitzwahlrecht für eingetragene Personengesellschaften, § 706 BGB-E. Eine Folgeregelung enthält der Entwurf insoweit, als er auch die Registrierung einer ausländischen Geschäftsanschrift vorsieht. Bislang bestimmte sich der Gesellschaftssitz zumindest nach der herrschenden Meinung ungeachtet etwaiger gesellschaftsvertraglicher Regelungen nach dem tatsächlichen Verwaltungssitz mit der Konsequenz, dass die Verlegung der Hauptverwaltung zur Sitzverlegung führte. Die Entkoppelung von Verwaltungssitz wird im Ergebnis einer deutschen GbR ermöglichen, ihre Tätigkeit auch außerhalb Deutschlands zu entfalten, ohne auf die Rechtsform der GbR verzichten zu müssen. Für die Rechtsformen der GmbH und der AG ist dies bereits seit 2008 durch das MoMiG normiert. In der Praxis besonders relevant ist dies für die GmbH & Co. KG, über der bei vermehrten ausländischen Aktivitäten nicht selten das Damoklesschwert der Nichtigkeit schwebt.

7. Vermögen der GbR, § 713, 722 BGB-E

Der RegE MoPeG stellt ferner unmissverständlich klar, dass die rechtsfähige GbR Trägerin ihres Vermögens ist und in ihr Vermögen vollstreckt werden kann, während die nicht rechtsfähige keinerlei Vermögen hat.

8. Umwandlungsfähigkeit und Unternehmensumstrukturierungen

Der RegE MoPeG eröffnet außerdem für die registrierte GbR die Möglichkeit zur Umwandlung. Das Umwandlungsgesetz wird geändert und die GbR kann nach vorheriger Registrierung ohne weiteres sowohl an einer Verschmelzung als auch an einer Spaltung und auch an einem Formwechsel teilnehmen.

II. Inkrafttreten

Der RefE MoPeG geht von einem Inkrafttreten ab dem 1. Januar 2023 aus. Dies wurde im Rahmen der öffentlichen Anhörung unterstützt. Die Sachverständigen halten (überwiegend) die geplante Reform für dringend geboten und empfehlen, dass der Bundestag noch in dieser Legislaturperiode den RegE MoPeG verabschiedet, obwohl der Bundesrat in seiner Stellungnahme aufgrund einer erwarteten Überlastung der Länder und der Rechtspflege hinsichtlich der geplanten Einführung eines Gesellschaftsregisters eine Verschiebung des Inkrafttretens auf den 1. Januar 2026 anregt. Für diesen Fall wurde vorgeschlagen, wenigstens die übrigen Teile des RegE MoPeG in Kraft zu setzen.

III. Auswirkungen und Handlungsbedarf

Die gesetzlichen Änderungen betreffen nicht nur die neu zu gründenden Personengesellschaften. Die bereits bestehenden Gesellschaften sollten ihre Gesellschaftsverträge mit Blick darauf überprüfen, ob vertragliche Abweichungen von der künftigen Rechtslage gewünscht sind und diese bei Bedarf anpassen. Ferner sollte überlegt werden, ob die GbR sich im neu eingeführten Register registrieren lassen sollte und das Auftreten als eGbR vorteilhaft wäre. Für bestehende (bereits im Grundbuch eingetragene) Grundstücks-GbR besteht zunächst nicht zwingend Handlungsbedarf. Eine Registrierung im Gesellschaftsregister muss aber spätestens dann nachgeholt werden, wenn eine bestehende Grundbucheintragung verändert wird, beispielsweise, wenn die GbR das Grundstück veräußern möchte oder wenn es zu einem Wechsel im Gesellschafterbestand gekommen ist.

IV. Bewertung

Vor allem die Einführung eines Registers für die GbR ist für die Praxis zu begrüßen. Durch Eintragung im Register können Existenz, Identität, Mitgliederbestand und Vertretungsverhältnisse von GbR einfach und verlässlich festgestellt und nachgewiesen werden, was eine Erleichterung und mehr Sicherheit für den Rechtsverkehr bedeutet. Dies führt zu mehr Transparenz und beseitigt zudem ein großes Defizit im Bereich der Bekämpfung von Geldwäsche. Die Wirtschaft dürfte daher durch die Einführung des Gesellschaftsregisters nicht be-, sondern entlastet werden.

Die Gesetzesänderungen sind zeitgemäß und entsprechen den Bedürfnissen des modernen Wirtschaftslebens. Die Gelegenheitsgesellschaft, die sich eher zufällig bildet und genauso schnell wieder auflösen kann und welche der Gesetzgeber vor Augen hatte, als die aktuell geltenden gesetzlichen Regelungen geschaffen worden sind, ist mittlerweile nicht mehr der Regelfall. Vielmehr ist ein erheblicher Anteil von Gesellschaften bürgerlichen Rechts in der Praxis auf Dauer angelegt und zu einem Zweck gegründet, der sich nur mit einer Teilnahme der Gesellschaft am Rechtsverkehr verfolgen lässt. Arztpraxen, Anwaltskanzleien, Familien-Vermögensgesellschaften, Immobilienfonds sowie Bauherren- und Arbeitsgemeinschaften sind oft als Gesellschaften bürgerlichen Rechts organisiert.

Hinsichtlich des kritisierten erhöhten (Kosten-)Aufwands bei Registrierung und Gründungsberatung lässt sich sagen: Die Kosten belaufen sich aktuell schätzungsweise auf insgesamt (Notar- und Registergebühren) etwa EUR 100,00 bis EUR 150,00, was angesichts der praktischen Vorteile vertretbar erscheint. In der Abwägung muss berücksichtigt werden, dass der RegE MoPeG sich für das Konzept der freiwilligen Eintragung entschieden hat. Es bleibt abzuwarten, ob ein gewisser faktischer Registrierungszwang für die GbR dadurch entstehen wird, dass potentielle Vertragspartner wie Banken und Vermieter Vertragsschlüsse mit nicht registrierten GbR ablehnen könnten. Durch die Vielzahl von gesetzlichen Regelungen hinsichtlich der GbR und ihre Ausgestaltung als Grundform aller Personengesellschaften wird der Beratungsaufwand nicht unbedingt erhöht. Vielmehr stellt das Gesetz nun ein Minimum an Regelungen zur Verfügung, die Personengesellschaften einen rechtssicheren und stabil funktionierenden Rahmen geben. Gleichzeitig wird die Gestaltungsfreiheit bewahrt.

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