Corona-Entschädigung: Ein Fall für Legal Tech?

Die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie sind in der Geschichte der Bundesrepublik ohne Vorbild. Die Ausgangsbeschränkungen und Kontaktverbote der Bundesländer haben das öffentliche Leben weitgehend zum Erliegen gebracht.

Erste Gerichtsentscheidungen

Zahlreiche Betroffene wollten diese Einschränkungen nicht hinnehmen und zogen vor Gericht. Die angerufenen Verfassungs- und Verwaltungsgerichte haben zwar schnell entschieden. In beinahe allen Gerichtsentscheidungen wurde jedoch festgestellt, dass die behördlichen Maßnahmen rechtmäßig sind. Nur in besonderen Einzelfällen haben die Gerichte bestimmte Verbote aufgehoben, beispielsweise für den Weinverkauf (Verwaltungsgericht Aachen) oder für die Anreise zur Zweitwohnung (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg).

Wer muss bezahlen?

Für viele Selbständige und Unternehmen bedeuten die Verbote erhebliche Einnahmeverluste, während die laufenden Kosten weiter anfallen. Es stellt sich daher die Frage, ob sie einen Anspruch auf staatliche Entschädigung haben.

Auf diese Frage gibt es derzeit keine eindeutige Antwort. Ein Blick ins Internet zeigt, dass die Redewendung „Zwei Juristen – drei Meinungen“ auch in der Corona-Krise gilt. Ohnehin ist das Staatshaftungsrecht keine geordnete Rechtsmaterie sondern – so das einschlägige Lehrbuch von Ossenbühl und Cornils – „gewachsenes Chaos“.

Das Infektionsschutzgesetz, das als Rechtsgrundlage für die Verbote herangezogen wird, enthält zumindest für einige Sachverhalte eine klare Entschädigungsregelung. Dies betrifft beispielsweise den Verdienstausfall bei einer behördlich angeordneten Quarantäne. Durch das „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ vom 27. März 2020 wurde zudem ergänzt, dass dies auch gilt, wenn sich Eltern wegen der Schließung von Kindergärten und Schulen um ihren Nachwuchs kümmern müssen. In diesen Fällen ist auch klar geregelt, dass die Geschädigten ihre Entschädigung innerhalb einer Frist von drei Monaten beantragen müssen.

Für viele andere Sachverhalte gibt es keine eindeutige gesetzliche Regelung. Sollte der Gesetzgeber nicht eingreifen, wird erst die Rechtsprechung in den folgenden Monaten und Jahren zeigen, wer einen Entschädigungsanspruch hat und wer nicht.

Pflicht zur Minderung des Schadens?

Es ist absehbar, dass die Gerichte bei der Corona-Entschädigung auf bestehende Rechtsgrundsätze zurückgreifen werden. Zu diesen Rechtsgrundsätzen gehört, dass ein Geschädigter zumutbare Schritte unternehmen muss, um seinen Schaden gering zu halten. Ein solcher Schritt kann etwa die Einführung von Kurzarbeit (dazu unser Webinar) oder die Beantragung staatlicher Fördermaßnahmen sein. Für manche Unternehmen kann es auch zumutbar sein, Waren und Dienstleistungen im Internet anzubieten.

Droht eine automatisierte Klagewelle?

Von einer (möglichen) Corona-Entschädigung könnten viele Geschädigte profitieren. Es ist daher zu erwarten, dass Inkasso-Dienstleister versuchen werden, eine möglichst große Zahl von Anspruchstellern „einzusammeln“, um die (vermeintlichen) Ansprüche dann automatisiert durchzusetzen. Viele zur Corona-Entschädigung passende Domain-Namen sind bereits reserviert.

Die Entschädigung nach der Fluggastrechte-Verordnung oder Schadensersatzklagen wegen manipulierter Diesel-Pkw sind Beispiele für diese Vorgehensweise. Der Bundesgerichtshof hat dem Geschäftsmodell im Jahr 2019 seinen höchstrichterlichen Segen gegeben.

Geeignete Legal-Tech-Anwendungen

Um der zu erwartenden Antrags- bzw. Klagewelle Herr zu werden, sollten die betroffenen Behörden jetzt die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für eine effiziente Bearbeitung schaffen. Zwei klassische Legal-Tech-Anwendungen sind geradezu prädestiniert um gute Arbeitsprozesse noch besser zu machen: Dokumentenautomation und Datenextraktion.

Hinter dem Begriff der Dokumentenautomation verbirgt sich das automatisierte Erstellen von (juristischem) Schriftgut. So kann beispielsweise ein Sachbearbeiter alleine durch die Beantwortung von Fragen in einer Web-Applikation wesentliche Teile einer Klageerwiderung für Corona-Schadensersatzklagen generieren. Damit dies funktioniert, ist die Vorbereitung einer „intelligenten“ Vorlage notwendig. Sie ist die Grundlage, um Schriftgut für möglichst viele Fallkonstellationen automatisieren zu können.

Datenextraktion auf der anderen Seite ermöglicht es, eingehende Dokumente automatisiert auf bestimmte Inhalte zu untersuchen. So können durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) beispielsweise aus Schriftsätzen gestellte Ansprüche und deren Anspruchsgrundlage erkannt werden. Diese Fähigkeit erhält die KI, indem Juristen dem Programm ihr Wissen übergeben und das Erkennen trainieren (machine learning).

Beschleunigung und Kostenersparnis

Die Kombination aus beiden Technologien befähigt bereits heute Legal-Tech-Kanzleien juristisch und technisch anspruchsvolle Lösungen für Verfahren mit Massecharakter schneller und kosteneffizienter zu bestreiten oder für Mandanten vorzuhalten. Betroffene Kommunal- und Landesbehörden werden im eigenen Interesse und im Interesse der Anspruchsteller schnell handeln müssen. Kurze Bearbeitungszeiten ermöglicht durch intelligente, Legal Tech gestützte Arbeitsprozesse scheinen an dieser Stelle fast unausweichlich.

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