Der Konflikt zwischen klassischem ÖPNV und Sharing-Angeboten – Teil 1: Uber

Seit Jahren sind Sharing-Modelle in aller Munde, neben Leihrädern und neuerdings Elektrorollern auch Fahrdienstanbieter wie Uber. Ohne Zweifel handelt es sich bei Sharing-Modellen um Zukunftsthemen des Verkehrswesens, die politisch und rechtlich kontrovers diskutiert werden (müssen). Gerade am Beispiel Uber wird dies deutlich, weil Taxis – zum ÖPNV gehörend und strengen Regularien unterliegend – sich von Uber und Co. in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht sehen. Dieses Spannungsfeld beleuchtet der vorliegende Beitrag.

Uber: Gerichtliche Untersagungen wegen wettbewerbs- und beförderungsrechtlichen Verstößen

Ubers Geschäftsmodelle waren vielfach und vielerorts Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen – in Deutschland gingen diese sogar bis zum BGH. Den Verfahren in Deutschland und anderen EU-Ländern ist eines gemein: Im Kern geht es um den Vorwurf von Taxiunternehmen, Uber betreibe unlauteren Wettbewerb, indem es gegen das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) verstoße. So ist es hierzulande Mitbewerbern möglich, sich auf öffentlich-rechtliche Marktverhaltensregeln zu stützen, um einen zivilrechtlichen Unterlassungsantrag nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zu begründen (§§ 3, 3a, 7 UWG).

Zunächst ist zu wissen, dass es sich bei dem Angebot von Uber nach dem BGH um Mietwagen- und nicht um klassische Taxiangebote handelt. Diese, als „Taxi-Apps“ bezeichneten Dienstleistungen stehen damit rechtlich betrachtet zwischen einer bloßen Vermittlertätigkeit und einer Tätigkeit als Personenbeförderer.

Die entscheidende Norm für Mietwagenangebote ist § 49 Abs. 4 PBefG. Gegen diese Norm verstößt Uber – so der BGH – durch die Praxis, Fahraufträge durch unmittelbare Kontaktaufnahme des Kunden mit dem Fahrer zustande kommen zu lassen. Dies wiederum ist aber dem klassischen Taxiverkehrs allein vorbehalten, etwa durch das Anhalten eines Taxis vom Straßenrand aus oder an einem Taxistand (dazu nochmals unten).

Der Mietwagenanbieter ist derweil an zwei Einschränkungen gebunden: jeder (selbstständig tätige) Uber-Fahrer muss nach jeder Fahrt mit dem Mietwagen an seinen Betriebssitz, zumeist seine Wohnung, tatsächlich zurückkehren, bevor er einen neuen Fahrauftrag antreten darf. Zudem ist er auch kommunikationstechnisch an den Betriebssitz gebunden, indem das Gesetz eine Ausnahme vom Rückkehrgebot nur zulässt, wenn an den Fahrer während der Fahrt ein zuvor am Betriebssitz eingegangener Auftrag weitergeleitet werde. Damit sind vor allem Telefonanrufe in einer Mietwagenzentrale gemeint. Die direkt via (Uber-)App auf das Handy des Fahrers weitergeleiteten Aufträge ohne Einschaltung einer Person in der Firmenzentrale fallen darunter nicht und sind personenbeförderungs- und damit wettbewerbswidrig.

Auch das LG Frankfurt sah in einem jüngst ergangenen Urteil (v. 19.12.2019 – 3-08 O 44/19) ein Rechtsverstoß in der Uber-Geschäftspraxis. Es konkretisiert, dass Uber selbst und nicht bloß der einzelne Fahrer ein Mietwagenunternehmen ist und eben nicht nur ein Vermittler.

Dies hat zur Folge, dass Uber mit seiner App direkt gegen das UWG und das PBefG verstößt. Die Untersagung des Angebots setzt damit direkt bei Uber und seiner App an und nicht bei jedem einzelnen Fahrer, da letzteres freilich schwieriger durchzusetzen ist. Das Gericht beurteilt dies aus Sicht des durchschnittlichen Fahrgastes, der seine Fahrt schließlich bei Uber bestellt. Uber wiederum legt dabei den konkreten Fahrer und den Preis fest.

Daneben bestätigte das LG die übrigen Vorwürfe der Taxiunternehmen und kommunalen Aufsichts- und Ordnungsbehörden gegen Uber, etwa die Verstöße gegen die Rückkehrpflicht durch viele Fahrer, die sich wie Taxis an Flughäfen oder Bahnhöfen zum Warten auf Fahrgäste aufhalten, und nicht an ihrem Betriebssitz. Diese Verstöße wurden überdies auch durch zahlreiche ordnungsbehördliche Kontrollen in verschiedenen deutschen Städten, über welche die Medien im Laufe des Jahres 2019 berichteten, bestätigt.

Zwischenfazit: Marktöffnung unter dem geltenden Recht möglich!

Bereits unter dem bestehenden PBefG ist eine verwaltungspraktische Marktliberalisierung für Akteure wie Uber durchaus möglich. Darauf verwies u.a. der letzte Bundesverkehrsminister Dobrindt noch im Jahr 2017 und äußerte mediatorisch-zurückhaltend, durch die kommunale Genehmigungspraxis seien Sicherheit und Qualität der Personenbeförderung gewährleistet und eine Gesetzesänderung insofern unnötig.

In der Tat könnte auch unter dem geltenden Recht die Geschäftspraxis von Uber durchaus legalisiert werden, worauf auch der BGH bereits hinwies. Denn ein ausdrücklich genehmigender Verwaltungsakt würde einem lauterbarkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch von Konkurrenten die Rechtsgrundlage entziehen.

Nunmehr stellt sich allerdings die politische Situation mit der amtierenden Bundesregierung verändert dar. Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD ist vereinbart, das PBefG mit Blick auf neue digitale Mobilitätsangebote zu modernisieren, einen Rechtsrahmen für autonomes Fahren zu schaffen und den Datenschutz und Datensicherheit sowie Sicherheit im Allgemeinen zu gewährleisten. Dem aktuellen Stand des Gesetzgebungsverfahrens nach soll die ursprünglich geplante Aufhebung der Rückkehrpflicht zugunsten von Sharing-Anbietern nun doch erhalten bleiben. Weiterhin soll es möglich sein, dass Kommunen Ausnahmen hiervon erlauben.

Im zweiten Teil lesen Sie, wie Taxis in Deutschland reguliert sind und welche rechtlichen und politischen Hürden bestehen, um moderne Formen der Sharing-Economy mit denen des traditionellen ÖPNV in Einklang zu bringen.

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