Der Schutz des Wohnraum(unter)mieters kann nicht durch die Zwischenschaltung eines fingierten Wohnraummietverhältnisses ausgehebelt werden!

Vor allem im Raum Berlin versuchen Vermieter von Wohnraum oft zu tricksen, um die mieterschützenden Vorschriften des Wohnraummietrechts zu umgehen. Sie vermieten an einen Zwischenmieter, der die Wohnung nicht selbst bewohnt, sondern möglichst gewinnbringend untervermietet. Der Hauptmietvertrag ist gewerblicher Natur. Eine Kündigung des Hauptmietvertrages ermöglicht dem Vermieter auf den ersten Blick einen direkten Räumungsanspruch gegen den Untermieter. Und auf den zweiten Blick?

In einem Rechtsstreit vor dem LG Berlin hatte der Vermieter seiner Schwägerin eine Wohnung (neben vier weiteren Wohnungen) „zu Wohnzwecken mit teilgewerblicher Nutzung für 5 Personen“ vermietet. Diese zog nicht selbst ein, sondern vermietete die Wohnung wiederum „zu Wohnzwecken“ an zwei weitere Personen unter. Das Hauptmietverhältnis wurde von der Schwägerin gekündigt. Ob dies zuvor innerhalb der Familie abgesprochen wurde, blieb offen. Der Vermieter verlangte von dem Untermieter die Räumung der Wohnung. Das Landgericht wies ihn mit seiner Klage jedoch ab (vgl. LG Berlin, Urteil vom 09.05.2023 – 65 S 191/22).

Konsequente Rechtsprechung in Fällen der Gewerblichen Weitervermietung

In Fällen wie in dem oben dargestellten wenden die Gerichte mittlerweile konsequent den § 565 BGB an. Nach § 565 Abs. 1 S. 1 BGB tritt der Vermieter bei der Beendigung des Mietverhältnisses in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis zwischen dem Mieter und dem Dritten ein, wenn der Mieter nach dem Mietvertrag den gemieteten Wohnraum gewerblich einem Dritten zu Wohnzwecken weitervermietet. Der Eigentümer muss sich also an die mieterschützenden Vorschriften des Wohnraummietrechts halten.

§ 565 Abs. 1 S. 1 BGB verhindert, dass der Untermieter von Wohnraum im Falle einer Kündigung des gewerblichen Zwischenmieters weniger geschützt ist, als wenn er den Wohnraum unmittelbar vom Eigentümer gemietet hätte. 

Die Schutzbedürftigkeit des Untermieters folgt aus den kürzeren Kündigungsfristen im gewerblichen Mietrecht und dem direkten Räumungsanspruch des Vermieters gegen den Untermieter aus § 546 Abs. 2 BGB. Ein Fall der gewerblichen Weitervermietung i.S.v. § 565 BGB sei nach dem LG Berlin anzunehmen, 

„(…)wenn der Vermieter […] den Zwischenmieter als Hauptmieter nur deshalb einschaltet, um die zwingenden Vorschriften des Wohnraummietrechts zu umgehen und die – formal vom Zwischenmieter begründeten – (Unter-)Mietverhältnisse jederzeit faktisch dadurch nach eigenem Belieben zu beenden, dass er von diesen die an keine weitere Voraussetzung als die der Beendigung des Hauptmietverhältnisses geknüpfte Räumung nach § 546 Abs. 2 BGB verlangt(…)“ (LG Berlin, Urteil vom 09.05.2023 – 65 S 191/22).

§ 565 BGB bezweckt den Schutz des Wohraummieters

Aus § 565 BGB ergibt sich also grundsätzlich die Wertung, dass derjenige, der bewusst Wohnraum zur Vermietung anbietet, sich dem Mieterschutz nicht dadurch entziehen kann, dass er einen Dritten zwischenschaltet, selbst wenn dieser sich außerhalb seines Einflussbereichs befindet (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 20.07.2023 – 4 U 16/23).

Praktische Folge des § 565 BGB ist in all diesen Fällen, dass der Vermieter infolge der Beendigung des gewerblichen Hauptmietverhältnisses an die Stelle des Zwischenmieters tritt und im Rahmen des Wohnraummietverhältnisses neuer Vermieter des (Unter-)Mieters wird.

Anforderungen nicht besonders hoch: Weitervermietung von Wohnraum an Arbeitnehmer des Zwischenmieters fällt bereits unter § 565 BGB

Eine gewerbliche Weitervermietung i.S.v. § 565 BGB setzt eine geschäftsmäßige, auf Dauer gerichtete, mit der Absicht der Gewinnerzielung oder im eigenen wirtschaftlichen Interesse ausgeübte Vermietungstätigkeit des Zwischenmieters – ohne dass eine Absicht zur Gewinnerzielung aus der Vermietung selbst erforderlich wäre – voraus.

Der Rechtsprechung des OLG Hamburg zufolge ist es bereits ausreichend, wenn der Inhaber eines Betriebes eine Wohnung anmietet, um sie einem seiner Arbeitnehmer unterzuvermieten. Denn dadurch bindet er seinen Arbeitnehmer an sich und verschafft sich Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Unternehmen, die ihren Arbeitnehmern keine Werkswohnungen anbieten können. Dann liegt der Zweck der An- und Weitervermietung in der Förderung seines Geschäftsbetriebs und ist somit im eigenen wirtschaftlichen Interesse des Zwischenmieters (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 20.07.2023 – 4 U 16/23).

In dem genannten Rechtsstreit vor dem OLG Hamburg hatte der Inhaber eines Bistros die sich direkt über der Bar befindende Wohnung zur dauerhaften Nutzung durch seine Mitarbeiter angemietet. Der Annahme des § 565 BGB stand nicht entgegen, dass es sich bei dem Untermieter ausgerechnet um den Hauptkoch, Geschäftsführer und alleinigen Gesellschafter der Zwischenmieterin handelte. Denn es fördert dem OLG Hamburg zufolge den laufenden Geschäftsbetrieb eines Bistros, wenn der Geschäftsführer und Hauptkoch direkt über dem Bistro wohnen kann und dem Betrieb deshalb kurzfristig und ohne Zeitverlust zur Verfügung steht und sich in Pausen und im Falle von Leerlauf direkt in seine Wohnung zurückziehen kann.

Der geschäftsführende Hauptkoch durfte also in der Wohnung wohnen bleiben, auch nachdem das Hauptmietverhältnis über diese beendet wurde. 

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