GmbH goes digital. Das Umsetzungsgesetz zur Digitalisierungsrichtlinie ist da!

Die Gründung einer GmbH mittels Videokommunikation mit dem Notar, die Online-Einreichung von Gesellschaftsunterlagen sowie die Online-Registrierung von Zweigniederlassungen waren vor der Covid-19 Pandemie nahezu undenkbar. In der aktuellen Situation der pandemiebedingten Beschleunigung der Digitalisierung des Rechts und der Wirtschaft scheint das bislang Undenkbare selbstverständlich zu werden.

In Wahrheit hat die Europäische Kommission längst vor der Covid-19 Pandemie, bereits im April 2018, erstmals einen Vorschlag für ein „Company Law Package“ veröffentlicht, um damit die Digitalisierung des Binnenmarktes weiter voranzutreiben sowie die Mobilität von Unternehmen bei Reorganisationsprozessen innerhalb der EU zu vereinfachen und zu vereinheitlichen. Beschlossen wurde das Company Law Package im Jahr 2019 und es besteht aus der am 20. Juni 2019 verabschiedeten Richtlinie zum Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht („DigitalisierungsRL“) und der am 18. November 2019 verabschiedeten Richtlinie in Bezug auf grenzüberschreitende Formwechsel, Verschmelzungen und Spaltungen („MobiltätsRL“).

Kurz vor Jahresende, am 18. Dezember 2020, hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der DigiralisierungsRL („DiRUG“) veröffentlicht. Der bereits im Jahr 2019 vorgelegte Entwurf des Landes Nordrhein-Westfalen zur (teilweisen) Umsetzung der DigitalisierungsRL wird nicht weiterverfolgt.

I. Regelungsaspekte

Das DiRUG enthält umfassende Gesetzesänderungen u.a. im BeurkG, GmbHG und HGB und betrifft insbesondere folgende Regelungsaspekte:

1. Online-Gründung der GmbH und weitere Online-Verfahren für Registeranmeldungen bei Kapitalgesellschaften

„Die notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags sowie im Rahmen der Gründung der Gesellschaft gefasste Beschlüsse“ sollen künftig durch ein videobasiertes Beurkundungsverfahren ohne physische Zusammenkunft erfolgen können, § 2 Abs. 3 GmbHG-RefE, §§ 16a ff. BeurkG-RefE. Betreiber des Kommunikationssystems soll die Bundesnotarkammer sein, § 78p BNotO-RefE (https://www.online-verfahren.notar.de/).

Die Online-Gründung ist auf die Bargründung einer GmbH beschränkt. Im DiRUG wird zur Vereinfachung des Verfahrens ein Musterprotokoll angeboten, Anlage 2 zu § 2 Abs. 3 GmbHG-RefE.

Bezüglich der Anmeldung zur Eintragung im Handelsregister wird klargestellt, dass die öffentliche Beglaubigung mittels notarieller Videokommunikation ausreicht. Dies gilt für Einzelkaufleute, GmbH, AG, KGaA, Genossenschaften sowie für Zweigniederlassungen von diesen Gesellschaftsformen oder Kapitalgesellschaften, die dem Recht eines EU-/EWR-Mitgliedstaaten unterliegen, § 12 Abs. 1 S. 2 und S. 3 HGB-RefE. Ein Präsenz-Beglaubigungstermin beim Notar dürfte also künftig z.B. für die Eintragung des Wechsels des GmbH-Geschäftsführers oder eines Prokuristen im Handelsregister nicht erforderlich sein. Ein Videoanruf wird ausreichen.

2. Regelungen zur Offenlegung von Registerinformationen und zu den Gebühren

Das bisherige Bekanntmachungswesen und Offenlegungsstruktur soll dahingehend umgestellt werden, dass es nicht länger einer separaten Bekanntmachung von Registereintragungen in einem Bekanntmachungsportal bedarf, sondern Eintragungen in den Registern zukünftig dadurch bekannt gemacht werden, dass sie in dem jeweiligen Register erstmalig (online) zum Abruf bereitgestellt werden, § 10 HGB-RefE. Es soll vermieden werden, dass die Offenlegung von Urkunden und Informationen in einem separaten Amtsblatt oder Portal erfolgt.

Zudem soll eine sehr umfassende kostenlose Zugänglichmachung von Registerinformationen über das Europäische System der Registervernetzung ermöglicht werden. Es soll daher zukünftig für den Abruf von Daten aus dem Handelsregister oder von Dokumenten, die zum Register eingereicht wurden, generell auf die Erhebung von Abrufgebühren verzichtet werden. Zur Vereinheitlichung soll dies auch für das Vereins-, Partnerschafts- und Genossenschaftsregister gelten. Die Kosten für die Bereitstellung dieser Daten und Dokumente sollen durch Erhebung einer Bereitstellungsgebühr kompensiert werden.

3. Verbesserter grenzüberschreitender Informationsaustausch über Zweigniederlassungen

Zukünftig sollen im Handelsregister auch Informationen über ausländische Zweigniederlassungen in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem Vertragsstaat des EWR von einer Kapitalgesellschaft mit Sitz im Inland einzutragen sein. In Handelsregistereinträgen deutscher Gesellschaften sollen auch Registerdaten zu Zweigniederlassungen in anderen EU-/EWR-Mitgliedstaaten ersichtlich sein, § 13a HGB-RefE.

4. Grenzüberschreitender Informationsaustausch über disqualifizierte Geschäftsführer

Schließlich soll erstmalig der grenzüberschreitende Informationsaustausch über disqualifizierte Geschäftsführer eingeführt werden, § 9c HGB-RefE. Dieser soll zukünftig einerseits die Berücksichtigung inländischer Hindernisse für die Bestellung von Geschäftsführern von Kapitalgesellschaften in anderen Mitgliedstaaten der EU oder Vertragsstaaten des EWR ermöglichen und andererseits spiegelbildlich in Deutschland die Berücksichtigung von Bestellungshindernissen oder entsprechenden Informationen aus anderen Mitgliedstaaten oder Vertragsstaaten erleichtern.

II. Ausblick

Die Digitalisierung im Gesellschaftsrecht ist in den EU-Mitgliedstaaten unterschiedlich weit vorangeschritten. Estland und mittlerweile auch Österreich sind Vorreiter in dieser Hinsicht und haben die Online-Gründung bereits ermöglicht. Der eher konservative deutsche Gesetzesentwurf ermöglicht die Online-Gründung, beschränkt er sich jedoch auf die (Bar-)Gründung einer GmbH (nicht Aktiengesellschaft) und ist auf die Beurkundung von späteren Beschlüssen der GmbH nicht anzuwenden. Die Gründung einer Kapitalgesellschaft bleibt ohne Notar und Handelsregister nicht möglich.

Das DiRUG soll bis zum 1. August 2022 in Kraft treten. Für die Umsetzung der DigitalisierungsRL ins nationale Recht hatten die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, wobei sie bei besonderen Schwierigkeiten ein Jahr Fristverlängerung beantragen konnten. Deutschland hat bereits per Erklärung der Bundesregierung von der Verlängerungsoption der Umsetzung Gebrauch gemacht, sodass 1. August 2022 der spätmöglichste Zeitpunkt für die Umsetzung ist. Die Neuregelungen zu Bestellungshindernissen sollen ab dem 1. August 2023 anwendbar sein, was ebenfalls dem (insoweit abweichenden) spätestmöglichen Umsetzungszeitpunkt entspricht.

Nach Angaben des BMJV ist der Entwurf innerhalb der Bunderegierung noch nicht abschließend abgestimmt. Es bleibt abzuwarten, ob die geschilderten Gesetzesänderungen so umgesetzt werden.