Influencer-Werbung: BGH entscheidet über Kennzeichnungspflichten von Instagram-Posts

Werbung muss als solche klar erkennbar und vom redaktionellen Text getrennt sein. Um diesen Grundsatz, der sich im Rundfunkstaatsvertrag wiederfindet (§ 58 Abs. 1 RStV), dreht sich der Streit im Zusammenhang mit Social-Media-Postings, die auf bestimmte Marken und Produkte hinweisen. Dabei ist es mal mehr, mal weniger eindeutig, ob die Erwähnung Werbung ist und daher entsprechend kenntlich gemacht werden muss oder vielleicht gerade im Gegenteil so eindeutig einem kommerziellen Zweck dient, dass allein deshalb eine Kennzeichnung als Werbung entbehrlich sein kann. Uneinheitlich haben bisher auch die verschiedenen Gerichte zu den Kriterien der Kennzeichnungspflichten und ihrer konkreten Ausgestaltung entschieden. Höchstrichterliche Urteile gibt es zu dem Themenkomplex bislang nicht – bis jetzt: Der BGH hat am 29.07.2021 über Beiträge von gleich drei bekannten Influencerinnen verhandelt, darunter auch Cathy Hummels, Ehefrau von Fußballer Mats Hummels. Der Vorsitzende BGH-Richter Thomas Koch betonte in der Verhandlung die grundsätzliche Bedeutung des Verfahrens. Das Urteil wird am 09. September 2021 verkündet.

Was wird verhandelt?

Kläger ist in allen Verfahren der „Verband Sozialer Wettbewerb“ (VSW), der sich auf das Wettbewerbsrecht beruft. Die Beklagten sind die Influencerinnen Cathy Hummels (BGH, I ZR 126/20), Leonie Hanne (BGH, I ZR 125/20) und Luisa Maxime Huss (BGH, I ZR 90/20), die auf der Social-Media-Plattform Instagram regelmäßig Bilder veröffentlichen.

Der Verein geht allerdings nicht nur gegen die nun vor dem BGH verhandelten Postings der drei Inflluencerinnen vor, sondern mahnte in den vergangenen Jahren zahlreiche InfluencerInnen und Unternehmen ab, was unter dem Hashtag #Abmahngate vielfach öffentlich diskutiert wurde. Dabei ging es dem Verband laut eigener Aussage darum auszuloten und zu klären, wann und wie Werbung im Internet zu kennzeichnen ist.

Dem BGH geht es nun vor allem um die Beurteilung von sogenannten „Tap Tags" in den Postings der Influencerinnen. „Tap Tags" sind anklickbare Bereiche innerhalb des geposteten Bildes, die Links zu den Firmen bzw. Marken der Hersteller von Produkten enthalten, die in der Regel auf dem jeweiligen Bild zu sehen sind. Durch den Klick auf einen „Tap Tag" wird der Nutzer auf das Instagram-Profil des jeweiligen Unternehmens weitergeleitet.

Die Vorinstanzen

Cathy Hummels war bereits in beiden Vorinstanzen erfolgreich. Die Posts, die allesamt Produkte enthielten, für die die Influencerin keine Gegenleistung erhalten hatte, seien nicht unlauter, so das OLG München. Zwar seien die Instagram-Posts auch darauf gerichtet, Aufmerksamkeit und Resonanz zu erzielen, um ihr Image durch die Erhöhung der Zahl der Follower und der Kommentare zu ihrem Auftritt zu stärken und damit den Wert der von ihr angebotenen Produktwerbung zu erhöhen. Die Intention, durch die Posts auch bezahlte Partnerschaften zu akquirieren, führe aber nicht dazu, dass solche Posts, für die die Influencerin kein Entgelt erhält, als geschäftliche Handlungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG anzusehen wären. Das allgemeine Interesse, sich durch Publikationen für Werbeverträge interessant zu machen, reiche nicht, um einen Zusammenhang zwischen den Beiträgen und einer Absatzförderung für die gezeigten Produkte anzunehmen.

Auch die Hamburger Influencerin Leonie Hanne bekam in zweiter Instanz vom OLG Hamburg Recht: Eine wettbewerbswidrige Handlung liege trotz der fehlenden Werbekennzeichnung der mit „Tab Tags“ versehenen Posts nicht vor, da sich der kommerzielle Zweck der geschäftlichen Handlung der Beklagten unmittelbar aus den Umständen ergebe. Dabei bezieht sich das Gericht auf den blauen Haken, der das Profil als verifizierten Account kennzeichnet und der bei Instagram nur Personen mit einer bestimmten Anzahl an Followern zusteht. Bei 1,7 Mio. Followern, die die Influencerin aufweist, sei außerdem ausgeschlossen, dass es sich um private Freunde handele. Damit sei auch jedem Nutzer deutlich, dass die Beklagte die Postings nicht schaltet, um ihre Freunde über ihre Aktivitäten zu informieren und sich mit ihnen auszutauschen, sondern dass kommerzielle Zwecke der Grund hierfür sind.

Die Göttinger Influencerin Luisa Maxime Huss unterlag in beiden Vorinstanzen. Die Braunschweiger Richter waren der Auffassung, dass der kommerzielle Zweck der Drittwerbung nicht ausreichend kenntlich gemacht worden sei. Dabei sei nicht allein entscheidend, ob die Beklagte Gegenleistungen von den Unternehmen erhalten habe. Die Erwartung, das Interesse von Drittunternehmen an Produktwerbung zu wecken, reichte den Instanzgerichten aus, um die nicht als solche gekennzeichnete Werbung als unzulässig zu beurteilen.

Der Hintergrund:

Die rechtlichen Probleme im Zusammenhang mit Influencer-Werbung drehen sich dabei vor allem um zwei Fragen:

Liegt eine geschäftsmäßige Handlung vor? Ist das der Fall, handelt nach § 5a Abs. 6 UWG nämlich unlauter, wer den kommerziellen Zweck dieser geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt.

Ist die Pflicht zur Kennzeichnung der Werbung einmal klar, stellt sich die Folgefrage: Wie genau muss die Werbung nun kenntlich gemacht werden?

Die geschäftliche Handlung bezieht sich auf die Absatzförderung des eigenen oder eines fremden Unternehmens (§ 2 Abs. 1 UWG). Die bisherige Instanzenrechtsprechung hierzu fällt unterschiedlich aus, allerdings werden aktive Verlinkungen zu den Unternehmen, die die gezeigten Produkte vertreiben, immer wieder als wichtiges Kriterium für ein absatzförderndes Verhalten herangezogen. Ob die InfluencerInnen für den jeweiligen Beitrag eine Gegenleistung erhalten haben, ist dagegen oft nicht von entscheidender Bedeutung (zum Beispiel: OLG Braunschweig, Hinweisbeschluss vom 08.01.2019, Az. 2 U 89/19; LG Karlsruhe, Urteil vom 21.03.2019, Az. 13 O 38/19; OLG Frankfurt a.M., das jedoch weitere Kriterien neben der Verlinkung zum Unternehmen fordert, um ein kommerzielles Handeln anzunehmen: Beschluss vom 02.04.2019; Az. 2-06 O 105/19).

Da es jeweils von den Umständen des Einzelfalls abhängen soll, ist auch die Rechtsprechung zu dem Wie der Werbekennzeichnung uneinheitlich. Klar dürfte mittlerweile aber sein, dass der kommerzielle Zweck des Beitrages für den durchschnittlichen Verbraucher auf den ersten Blick erkennbar sein muss. Das soll nicht der Fall sein, wenn die Werbekennzeichnung (also etwa #ad) in einer Gruppe von Hashtags erfolgt (so das OLG Celle, Urteil v. 08.06.2017, Az. 13 U 53/17 und das KG Berlin Beschluss vom 11.10.2017, Az. 5 W 221/17). Darüber hinaus müssen die Begriffe zur Kennzeichnung präzise sein. Für Kennzeichnungen mit „sponsored by“ und „sponsored content“ wurde dies bereits abgelehnt (vgl. KG Berlin Beschluss vom 11.10.2017, Az. 5 W 221/17; LG Hamburg, Urteil vom 21.12.2018, Az. 315 O 257/17).

Einigkeit herrscht außerdem darüber, dass die Kennzeichnungspflicht für Posts entfallen soll, deren kommerzieller Zweck sich klar aus den Umständen ergibt. Bis zu der vorinstanzlichen Entscheidung im oben besprochenen Fall Cathy Hummels war dieser kommerzielle Charakter für die Gerichte jedoch nie deutlich erkennbar, sodass bisher immer dann eine Kennzeichnungspflicht angenommen wurde, wenn auch eine geschäftliche Handlung (Absatzförderung) vorlag. Das sahen die Münchner Richter im Fall Hummels aufgrund der Followerzahl, des blauen Hakens und des öffentlichen Profils der Influencerin anders.

Es besteht also zu vielen Punkten Klärungsbedarf.

Erhoffte Klärung für Werbekennzeichnung

Klar ist, sowohl für InfluencerInnen als auch für „Influencte“ ist eine möglichst schnelle gerichtliche (oder auch gesetzliche) Klärung der Kennzeichnungspflichten wünschenswert. Keiner der beiden Nutzergruppen ist geholfen, wenn, wie zurzeit immer wieder zu sehen ist, aus Angst vor wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen sämtliche Beiträge als Werbung gekennzeichnet werden.

Immerhin gibt es bereits einen Leitfaden der Medienanstalten zur Werbekennzeichnung in Online-Medien mit vielen konkreten Tipps zu Kennzeichnung der Inhalte.

Und auch der Gesetzgeber nimmt sich der Problematik an und versucht, weiter zur Klärung beizutragen. Der Regierungsentwurf des Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht, der nun den Bundesrat passiert hat, enthält Klarstellungen zur Abgrenzung von kommerzieller Kommunikation und Meinungsäußerungen. Empfehlen InfluencerInnen ein Produkt eines fremden Unternehmens, ohne dafür Geld oder eine ähnliche Gegenleistung zu bekommen, liegt kein kommerzieller Zweck vor. Dann müssen InfluencerInnen diese Empfehlung auch nicht als „kommerziell" kennzeichnen. Diese Regelung gilt auch für InfluencerInnen, die sich aus dem Ausland an deutsche Verbraucher richten. Die Änderungen sollen insbesondere einen sicheren Rechtsrahmen für Handlungen von InfluencerInnen bieten, wenn diese Waren und Dienstleistungen empfehlen, ohne selbst davon durch eine Gegenleistung zu profitieren.

Hierzu erklärt Justizministerin Lambrecht:

„Künftig ist klar: Nur wenn es eine Gegenleistung gibt, müssen sie ein Posting als Werbung kennzeichnen. Und auch Verbraucherinnen und Verbraucher wissen dann, woran sie sind: Sie können besser einschätzen, wie eine Empfehlung zustande gekommen ist – und ob sie ihr vertrauen wollen.“

Fazit

Auch wenn vieles im Zusammenhang mit den Kennzeichnungsplichten noch im Unklaren ist, zeichnen sich vermehrt Tendenzen ab.

Klar ist, dass die Erwähnung von Produkten oder Marken jedenfalls dann deutlich als Werbung gekennzeichnet werden muss, wenn die InfluencerInnen hierfür eine Gegenleistung erhalten haben. Auch wenn dies in der Rechtsprechung bisher unterschiedlich beurteilt wurde, müssen nach dem neuen Gesetzesentwurf Postings, für die es keine Gegenleistung gibt, nicht mehr entsprechend gekennzeichnet werden.

Ist eine Werbekennzeichnung nötig, muss diese mit eindeutigen Begriffen versehen werden (zum Beispiel #ad oder #Werbung) und der Hinweis hierzu darf nicht in einer Hashtagwolke verschwinden.

Auch wenn das Urteil des BGH zur Verlinkung der Tab Tags noch aussteht, hat der Vorsitzende bereits eine Tendenz geäußert: Es könne einiges dafür sprechen, dass auch dies als Werbung anzusehen sei.

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