Sanktionen gegen Russland und Belarus - Die wichtigsten Punkte für deutsche Unternehmen und öffentliche Auftraggeber.

Nach den aktuellen Entwicklungen in der Ukraine hat die Europäische Union die bestehenden Sanktionen gegen Russland und Belarus umfassend verschärft und weitere Wirtschaftssanktionen beschlossen. Diese treffen jedoch nicht nur Russland und Belarus, sondern auch deutsche Unternehmen, die Geschäftsbeziehungen zu bestimmten Personen oder nach Russland oder Belarus unterhalten.

Da es aufgrund der Vielzahl der sich täglich ändernden Regelungen kaum möglich ist, einen Überblick über die geltende Rechtslage zu behalten, haben wir nachfolgend ausgewählte Sanktionen zusammengefasst und erklären im Anschluss, wie deutsche Unternehmen mit den Sanktionen umgehen sollten.

I. EU-Russland-Sanktionen

  1. Personenbezogenen Sanktionen Aufgrund der Russlandsanktionen ist es verboten, Geschäftsbeziehungen zu Personen, Unternehmen und Institutionen zu unterhalten, die in sogenannten EU-Sanktionslisten gelistet sind. Derzeit umfassen die Sanktionslisten mehrere hundert Personen, wie den russischen Präsident Wladimir Putin, Mitglieder der russischen Staatsduma und des Nationalen Sicherheitsrates, hochrangige Militärs sowie Oligarchen, Geschäftsleute und weitere Personen. Darüber hinaus befinden sich dutzende russische Unternehmen auf den Sanktionslisten, zu denen ebenfalls keine Geschäftsbeziehungen aufrechterhalten und begründet werden dürfen.
  2. Sektorale Sanktionen Darüber hinaus bestehen Handels- und Exportbeschränkungen für bestimmte Güter und Dienstleistungen, die an Personen und Unternehmen in Russland oder zur Verwendung in Russland ausgeführt werden. Dazu zählen insbesondere:

    a. Militärgüterembargo: Verkaufs-, Liefer-, und Ausfuhrverbote von Militärgütern und sonstiges Wehrmaterial, sowie Verbot technischer Unterstützung oder Finanzierung von Militärgütern.

    b. Dual-Use-Güter: Ausfuhrbeschränkungen für Güter, die sowohl für militärische als auch zivile Zwecke verwendet werden können, sowie für solche Güter, die in Russland für militärische Endverwendung bestimmt sind.

    c. Energiesektor: Verkaufs-, Liefer-, Weitergabe- und Ausfuhrverbot für bestimmte Güter und Technologien für die Ölindustrie, sowie Verbot der Erbringung damit verbundener Dienstleistungen.

    d. Luftfahrtindustrie: Exportverbot für Luftfahrzeuge und Raumfahrzeuge und Teile davon, sowie den damit zusammenhängenden technischen und finanziellen Dienstleistungen.

    e. Technologiesektor: Beschränkung des Zugangs Russlands zu wichtigen Technologien wie Halbleitern oder Spitzentechnologien, sowie Beschränkungen für die Ausfuhr bestimmter Waren und Technologien, die zur technologischen Verbesserung des russischen Verteidigungs- und Sicherheitssektors beitragen könnten.

    f. Kapital- und Finanzmarkt: Verbot der Bereitstellung von spezialisierten Nachrichtenübermittlungsdiensten für den Zahlungsverkehr für bestimmte russische Finanzinstitute und deren verbundene Unternehmen (SWIFT-Teilausschluss). Zudem besteht ein Ausschluss bestimmter russischer Banken, Militär- und Ölindustrieunternehmen vom europäischen Kapitalmarkt sowie weitere Beschränkungen des europäischen Kapital- und Finanzmarktes und ein Transaktionsverbot für die russische Zentralbank.

    g. Medien: Ausstrahlungsverbot für russischen Staatsmedien Sputnik und RT/Russia Today innerhalb der Europäischen Union.

II. EU-Belarus-Sanktionen

Ähnliche Handelsbeschränkungen wurden auch gegen Belarus verhängt. Neben den personenbezogenen Sanktionen gegen belarussische Personen und Unternehmen, bestehen insbesondere ein Militärgüterembargo und Beschränkungen bei Exporten von Dual-Use-Gütern und Technologien. Auch Güter zur Erzeugung oder Verarbeitung von Tabakerzeugnissen und bestimmte, in der Verordnung genannten Maschinen, dürfen nicht nach Belarus ausgeführt werden.

Zudem sind Importe aus Belarus - insbesondere für Mineralölerzeugnissen, Kaliumchlorid-Produkte, Holzerzeugnisse, Kautschukerzeugnisse, Zementerzeugnisse, Eisen- und Stahlerzeugnisse – aufgrund der Sanktionen untersagt.

III. Folgen der Sanktionen für deutsche Unternehmen

Bei Verstößen gegen die Sanktionen drohen den Betroffenen strafrechtliche Konsequenzen, die mit empfindlichen Bußgeldern oder mit einer mehrjährigen Freiheitsstrafe geahndet werden, wobei auch die Teilnahme an Umgehungsgestaltungen unter Strafe steht. Zusätzlich zu den strafrechtlichen Konsequenzen müssen die Unternehmen auch mit Abschöpfung von Gewinnen aus verbotenen Geschäftsbeziehungen rechnen.

Wir empfehlen daher deutschen Unternehmen dringend, die bestehenden und zukünftigen Geschäftsbeziehungen darauf zu prüfen, ob diese möglicherweise von den Sanktionen betroffen sind. Bei Unklarheiten sollte ein Berater konsultiert oder eine Auskunft beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle eingeholt werden.

Sollte sich herausstellen, dass eine Geschäftsbeziehung von Russlandsanktionen betroffen ist, empfehlen wir mit anwaltlicher Hilfe die Risiken zu überprüfen und die Verträge auf mögliche Rücktritts- bzw. Kündigungsmöglichkeiten und Haftungsbegrenzungen zu prüfen.

Sollten in den Verträgen keine Auflösungsmöglichkeiten geregelt sein, wird zudem zu erwägen sein, ob eine Vertragsauflösung oder zumindest eine Vertragsanpassung über § 313 BGB wegen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage durchgesetzt werden kann. Als Teil der sog. „großen Geschäftsgrundlage“ können nämlich unter anderem auch Kriege aufgrund der durch sie ausgelösten weitreichende Veränderungen der ökonomischen, politischen oder sozialen Grundlagen in den Anwendungsbereich der Norm fallen, wobei die Auswirkungen auf das konkrete Vertragsverhältnis im Einzelfall im Rahmen der gebotenen restriktiven Auslegung zu würdigen sein werden.

Für öffentliche Auftraggeber stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob Unternehmen/Subunternehmer mit Sitz in Russland von Vergabeverfahren ausgeschlossen werden können. Dazu gibt es im Ergebnis lediglich einen Ansatzpunkt:

Nur allein wegen des Sitzes in Russland dürfte man zumindest in Deutschland keinen Bieter ausschließen. Anders als die europäische Kommission meint, bietet nach überwiegender Ansicht in Deutschland, die vom OLG Düsseldorf kürzlich in zwei Beschlüssen bestätigt wurde, das Vergaberecht keine Möglichkeit, Unternehmen aus Drittstaaten aus Vergabeverfahren auszuschließen. Allerdings könnte bei nachgewiesenen Verstößen gegen die oben genannten Sanktionen ein fakultativer Ausschlussgrund gemäß § 124 Abs.1 Nr. 3 GWB vorliegen: Danach können Bieter ausgeschlossen werden, die im Rahmen der beruflichen Tätigkeit nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat. In allen Konstellationen ist eine Verletzung rechtlicher Verpflichtungen erforderlich. Die Sanktionen dürften als solche rechtlichen Verpflichtungen einzustufen sein.

Ein Beitrag von