De-minimis und AGVO: Schnelle und praxisnahe Förderung von Unternehmen

Kommunen und Landkreise sind nicht selten verunsichert, wenn es zu der Frage kommt, ob und wie einheimische Unternehmen schnell und effektiv gefördert werden können. 
 

Der Begriff der EU-Beihilfe schwebt dabei oftmals wie ein Gespenst durch die Flure. Dabei bietet das EU-Beihilferecht mit den De-minimis-Beihilfen und der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) praxisnahe Lösungen.  Aktuell befassen sich große Teile der öffentlichen Hand vermehrt mit diesen beiden Lösungen: Mit den De-minimis-Beihilfen, da ab dem 01. Januar 2026 alle De-minimis-Beihilfen in einem zentralen Register gesammelt werden müssen. Mit der AGVO, da die EU-Kommission im Juli dieses Jahres eine öffentliche Konsultation der AGVO gestartet hat. 

Was ist eine EU-Beihilfe?

Um die De-minimis-Beihilfen und die AGVO rechtssicher anwenden zu können, sollte zunächst die Systematik des EU-Beihilferechts verstanden werden. 

Der Begriff der EU-Beihilfe ist in Art. 107 Abs. 1 AEUV legal definiert. 

Ist der Tatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllt, darf die Maßnahme nicht durchgeführt werden, ohne vorher bei der EU-Kommission notifiziert und genehmigt zu werden. Verstöße gegen das EU-Beihilferecht führen regelmäßig zur (Teil-)Nichtigkeit der Maßnahme (z. B. Verwaltungsakt, Vertrag) und zur zwingenden Rückabwicklung bereits gewährter Leistungen.

Liegt eine Beihilfe vor, müssen die Mitgliedstaaten diese Beihilfe also bei der EU-Kommission notifizieren. Diese prüft dann, ob die Beihilfe genehmigt wird (Art. 107 Abs. 2 u. Abs. 3 AEUV).

Ein solcher Genehmigungsprozess ist in der Praxis jedoch äußerst zeitintensiv, sodass sich die Frage stellt, ob und wie Förderungen schneller gewährt werden können. 

Wie sind De-minimis-Beihilfen und die AGVO in diesem Kontext systematisch einzuordnen?

In der Praxis empfiehlt sich hierfür die Gewährung sog. De-minimis-Beihilfen oder einer Beihilfe, die nach der AGVO von der Notifizierungspflicht freigestellt ist. 

Rechts dogmatisch handelt es sich bei einer De-minimis-Beihilfe um eine Maßnahme, die ihrer Höhe nach so gering ist, dass die EU-Kommission davon ausgeht, dass das Beihilfetatbestandsmerkmal „Handelsbeeinträchtigung“ nicht erfüllt ist. Damit erfüllt eine De-minimis-Beihilfe den Tatbestand des Art. 107 Abs 1 AEUV nicht. Insofern muss sie auch nicht notifziert und genehmigt werden. 

Bei Beihilfen nach der AGVO handelt es sich hingegen um Maßnahmen, die grundsätzlich den Tatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllen. Die AGVO regelt jedoch die Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem gemeinsamen Markt. Diese Beihilfen sind – wenn alle Voraussetzungen der AGVO erfüllt sind – von der Notifizierungspflicht bei der EU-Kommission „freigestellt“.

Was sind die Voraussetzungen und Möglichkeiten im Rahmen von De-minimis?

Ausweislich des Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2023/2831 („De-minimis-VO“) dürfen einem Unternehmen in einem Zeitraum von drei Jahren 300.000 EUR an De-minimis-Beihilfen gewährt werden, ohne dass diese bei EU-Kommission angemeldet werden müssen. Dieser Höchstwert gilt gleich welcher Art und Zielsetzung der gewährten Beihilfe und unabhängig davon, ob die von dem Mitgliedstaat gewährte Beihilfe ganz oder teilweise aus Unionsmitteln finanziert wird.

De-minimis-Beihilfen dürfen nur gewährt werden, wenn das sog. Bruttosubventions-äquivalent im Voraus genau berechnet werden kann, ohne dass eine Risikobewertung erforderlich ist. Dies ist bei Zuschüssen unproblematisch möglich und erfordert bei anderen Instrumenten wie z. B. Darlehen oder Garantien nach Maßgaben des Art. 4 der De-minimis-VO eine nachvollziehbare Darstellung.

Vor Gewährung dieser De-minimis-Beihilfe muss das Unternehmen eine sog. De-minimis-Erklärung abgeben. In der Erklärung gibt das Unternehmen an, welche De-minimis-Beihilfen es in den letzten drei Jahren erhalten hat. So soll sichergestellt werden, dass der Höchstwert von 300.000 EUR nicht überschritten wird. 

Ab dem 01.01.2026 müssen alle De-minimis-Beihilfen in einem zentralen nationalen Transparenzregister aufgeführt werden. Hier könnten den beihilfeempfangenden Unternehmen ggf. Mitwirkungspflichten entstehen. 

Was sind die Voraussetzungen und Möglichkeiten der AGVO? 

Die AGVO ist in verschiedene Kapitel aufgeteilt. Das erste Kapitel legt allgemeine Regelungen fest, wie beispielsweise Begriffsbestimmungen, Freistellungsvoraussetzungen, Anmeldeschwellen, den sog. Anreizeffekt und Kumulierungsvorschriften. Diese gelten allgemein. 

Zentral ist der der Art. 4, der die Anmeldeschwellen festlegt. Diese sind die jeweiligen faktischen Höchstgrenzen (Summe) für die in Kapital III definierten Beihilfegruppen bzw. Fördertatbestände. Ebenso zentral ist der Art. 6 AGVO, der den sog. Anreizeffekt definiert. Grundsätzlich gelten Beihilfen als Beihilfen mit Anreizeffekt, wenn der Beihilfeempfänger vor Beginn der Arbeiten für das Vorhaben oder die Tätigkeit einen schriftlichen Beihilfeantrag in dem betreffenden Mitgliedstaat gestellt hat. 

Das Kapitel III der AGVO regelt die besonderen Bestimmungen für die einzelnen Beihilfegruppen bzw. Fördertatbestände. Bei den Beihilfegruppen handelt es sich konkret um Maßnahmen, welche die EU-Kommission grundsätzlich für freistellungswürdig erachtet. Dies umfasst z. B. Regionalbeihilfen, Beihilfen für Forschung und Entwicklung und Innovation, Umweltschutzbeihilfen, Beihilfen für Breitbandinfrastrukturen, Kulturbeihilfen und lokale Infrastrukturbeihilfen. 

Insbesondere werden in den Artikeln zu den einzelnen Beihilfen die Beihilfegruppen die jeweiligen beihilfefähigen Kosten und die jewilige maximale Beihilfeintensität festgelegt. 

Die Beihilfeintensität legt fest, wie viel Prozent der beihilfefähigen Kosten – unter Berücksichtigung der Anmeldeschwelle als faktischer Höchstwert – tatsächlich gefördert werden dürfen. Dies unterscheidet sich je nach Fördertatbestand z. T. erheblich. 

Bei AGVO-Beihilfen gelten bestimmte Mitteilungspflichten. Hierfür gibt es insbesondere ein Standartformat in Anhang II der AGVO. 

Können De-minimis-Beihilfen mit AGVO-Beihilfen kumuliert werden?

Theoretisch werden AGVO-Beihilfen bei der Berechnung der 300.000 EUR De-minimis-Höchstgrenze nicht berücksichtigt. Jedoch muss stets Art. 5 Abs. 3 De-minimis-VO zu beachten werden:

Demnach darf keine De-minimis-Beihilfe für beihilfefähige Kosten gewährt werden, für die bereits eine AGVO-Beihilfe gewährt wurde, wenn durch die Gewährung der De-minimis-Beihilfe die in der AGVO festgesetzte Beihilfeintensität / Anmeldeschwelle überschritten werden würde. Diese Norm soll die Umgehung der Vorschriften der AGVO verhindern. 

De-minimis-Beihilfen, die nicht in Bezug auf bestimmte beihilfefähige Kosten gewährt werden und keinen solchen Kosten zugewiesen werden können, dürfen mit anderen staatlichen Beihilfen kumuliert werden, die auf der Grundlage der AGVO gewährt wurden.

Fazit 

Mit der De-minimis-VO und der AGVO existieren Instrumente, mit denen auch auf kommunaler Ebene Unternehmen schnell, effektiv und rechtssicher gefördert werden können. Die De-minimis-VO ist dabei der schnellste und einfachste Weg, Förderungen EU-rechtskonform auszuschütten. Jedoch sind auch dabei zentrale Vorschriften einzuhalten (Höchstwert, Transparenz, Kumulierung). Die AGVO hingegen ist komplexer, bietet jedoch die Möglichkeit höhere Fördersummen auszuschütten. 

Wir bei FPS beraten die öffentliche Hand zu allen Fragen des EU-Beihilferechts und Vergaberechts. Insbesondere erarbeiten wir schnelle und praxistaugliche Lösungen im Bereich De-minimis / AGVO und beraten diesbezüglich auch hinsichtlich der anknüpfenden Rechtsfragen des öffentlichen Wirtschaftsrechts (z. B. Umsetzung der Beihilfe nach Kommunal- und Haushaltrecht), um im Ergebnis eine rechtssicher Gesamtlösung für den Mandanten zu ermöglichen. 

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