Der Informationsaustausch bei M&A Transaktionen im Lichte des Wettbewerbsrechts

Das Wettbewerbsrecht ist in M&A Transaktionen vermeintlich unspannend. Aber nicht nur die zunehmende Verfolgung durch Wettbewerbsbehörden, immer höhere Strafen bei Verstößen gegen Wettbewerbsrecht und die mit dem Thema verbundenen Rechtsunsicherheiten sind es wert, Zusammenhänge und Gestaltungsspielräume näher zu betrachten.

Austausch wettbewerbsrelevanter Informationen grundsätzlich erst nach Abschluss der Transaktion uneingeschränkt zulässig

Der Informationsaustausch ist wettbewerbsrechtlich grundsätzlich problematisch und wirft deshalb auch in einer M&A-Transaktion Probleme auf. Hintergrund: Scheitern die Verhandlungen mit einem Wettbewerber könnte dieser die ihm im Verlaufe der Transaktion zur Verfügung gestellten Informationen zu seinem Vorteil verwenden und dadurch den Wettbewerb negativ beeinträchtigen. Ein Austausch wettbewerbsrelevanter Informationen ist daher grundsätzlich erst nach Abschluss der Transaktion und nach Genehmigung durch die Kartellbehörden uneingeschränkt zulässig. Wettbewerbsrelevante Informationen bei einer M&A-Transaktion sind insbesondere: Preise, Mengen, Kundennamen, Produktions- und Verkaufskosten, Kapazitäten, Qualität, Umsatz, Verkaufszahlen, Marketingpläne, Risiken, Investitionen, Technologien, Vertragslaufzeiten, Prognosen und Planungsberechnungen.

Mit den Grundsätzen des Wettbewerbsrechts stehen bei einem Unternehmenskauf die berechtigten Interessen der beteiligten Unternehmen und die praktischen Bedürfnisse der Transaktion in einem Spannungsfeld. In vielen Phasen des Prozesses, insbesondere aber im Rahmen der Due Diligence, ist der Austausch von Informationen unumgänglich, um eine Entscheidungsgrundlage für den Käufer zu schaffen und schließlich den Abschluss der Transaktion zu ermöglichen. So nimmt das Bedürfnis an Informationen von einem ersten Teaser, über das Information Memorandum und den Unternehmenskaufvertrag (SPA) bis zur Due Diligence und dem Vollzug der Transaktion (Closing) kontinuierlich zu. Dieses Interesse erkennen auch die Wettbewerbsbehörden grundsätzlich an. Das Spannungsverhältnis zwischen wettbewerbsrechtlichem Verbot des Austauschs wettbewerbsrelevanter Informationen und dem Interesse der Transaktionspartner an möglichst umfangreichen, detaillierten Informationen kann grundsätzlich in der Form aufgelöst werden, dass jeweils nur so viele Informationen bekannt gegeben werden, wie in der jeweiligen Phase der Transaktion erforderlich sind (Konzept einer gestaffelten Bereitstellung (Staggered Disclosure)). Welche Informationen als erforderlich angesehen werden können ist - Gerichte lieben das - eine Frage der Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Dazu gehören insbesondere die Art der Transaktion, ihre Größe, der relevante Markt und die jeweilige Phase, in der sich die Transaktion befindet.

Maßnahmen zur wettbewerbsrechtlichen Absicherung der M&A Transaktion

Um den Informationsaustausch in einer M&A-Transaktion wettbewerbsrechtlich abzusichern und teure Verstöße gegen Wettbewerbsrecht zu vermeiden, kommen eine Reihe an Sicherungsmaßnahmen in Betracht, die sich je nach Phase der Transaktion unterscheiden können.

In der Marketing-Phase und vor der Unterzeichnung des Kaufvertrages (Signing) werden Informationen unter Umständen an ein breites Feld potentieller Transaktionspartner übersandt. Darunter können und werden typischerweise auch Unternehmen sein, die mit dem Verkäufer im Wettbewerb stehen. Bereits in dieser frühen Phase ist deshalb Vorsicht geboten, auch wenn in der in der Regel noch keine detaillierten Informationen ausgetauscht werden.

Vor dem Signing muss der Kaufgegenstand umfassend bewertet werden (Due Diligence). Hierbei kann es im Rahmen der Fragen potentieller Käufer zu einem regen Austausch detaillierter Informationen kommen.

Zwischen dem Signing und dem Übergang von Eigentum und/oder Rechten (Closing) muss die Integration des Unternehmens oder des Unternehmensteils geplant werden. Auch hierfür sind wiederum umfangreiche Informationen erforderlich. Wettbewerbsrechtlich sollte erinnert werden, dass die Transaktion immer noch - was freilich selten passiert - scheitern kann.

Mögliche Maßnahmen in verschiedenen Phasen einer M&A-Transaktion

Marketing-Phase:

  • Informationen, die einem breiteren Pool von potentiellen Käufern zur Verfügung gestellt werden, sollten grundsätzlich allgemeiner gehalten werden, während detaillierte Informationen einem kleineren Kreis bevorzugter Bieter in einem späteren Stadium der Transaktion bereitgestellt werden können. Dies kann auch verschiedene Versionen des Informationsmemorandums für Bieter umfassen, die als Wettbewerber aktiv sind.
  • Für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen sollte vereinbart werden, dass die Bieter Unterlagen und Informationen, die ihnen zur Verfügung gestellt wurden, zurückgeben oder zerstören müssen. Diese Verpflichtung kann für den Fall einer Verletzung mit einer Vertragsstrafe kombiniert werden.

Vor dem Signing:

  • Bevor mit der Due Diligence begonnen wird, kann zwischen den Parteien eine Vertraulichkeitsvereinbarung (Non-disclosure agreement, NDA) unterzeichnet werden, die unbefugte Nutzungen der Informationen, insbesondere die Weitergabe an Dritte, untersagt.
  • Bevor Informationen in Datenräume hochgeladen werden, sollten diese sorgfältig auf ihre Wettbewerbsrelevanz überprüft werden.
  • Der Zugang zu Datenräumen sollte auf Personen beschränkt werden, die aufgrund ihrer Funktion Zugang zu den Informationen benötigt (Need-To-Know-Prinzip).
  • Informationen in den Datenräumen können ggf. durch Aggregation anonymisiert, geschwärzt oder im äußersten Falle nur einem sog. Clean Team zugänglich gemacht werden.
  • In jedem Fall empfiehlt sich die angewandten Schutzmaßnahmen sorgfältig zu dokumentieren.

Zwischen signing und closing

  • Auch noch in dieser Phase gilt es zu bedenken, dass die Parteien von den Wettbewerbsbehörden als unabhängige Unternehmen behandelt werden. Deshalb können auch in diesem Stadium wettbewerbsrelevante Informationen noch nicht uneingeschränkt ausgetauscht werden.
  • Falls eine Zusammenschlusskontrolle beim Kartellamt erforderlich ist: Warten Sie mit der Durchführung bis zur Genehmigung durch die Behörde (Stillhalteverpflichtung), andernfalls droht ein folgenreicher Verstoß gegen das Vollzugsverbot (im US-amerikanischen Recht: gun jumping)

Fazit

Der in M&A Transaktionen notwendige Informationsaustausch ist im Lichte des Wettbewerbsrechts kritisch zu betrachten. Wettbewerbsrelevante Informationen sollten grundsätzlich nur soweit geteilt werden, wie es in der jeweiligen Phase der Transaktion erforderlich ist. Um Unsicherheiten im Umgang mit dieser Formel zu begegnen und einem Verstoß gegen Wettbewerbsrecht vorzubeugen, können je nach Lage des Einzelfalles für jede Phase der Transaktion Maßnahmen ergriffen werden.

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