Non-Fungible Token (NFT) aus Sicht des Zivilrechts

Möglicherweise ist Ihnen der Begriff „Non-Fungible Token“ (kurz: „NFT“) bereits begegnet. Sie haben sich dann vielleicht die Frage gestellt: Was ist das eigentlich, ein NFT? In unserem Blogbeitrag „Web 3.0, das Metaverse und das Recht – eine Blogreihe von FPS“ haben wir hierzu technische Hintergründe erläutert. Dieser Beitrag wird die vorstehende Frage aus Sicht des Zivilrechts beantworten.

1. Trennung zwischen NFT und Referenzobjekt

Bevor eine rechtliche Einordung von NFTs erfolgt, ist es wichtig, sich das Folgende zu vergegenwärtigen: In aller Regel ist zwischen einem NFT und dem damit verknüpften „Referenzobjekt“ (z. B. ein digitales Foto) zu unterscheiden; das Referenzobjekt ist üblicherweise nicht integraler Bestandteil des NFT. Zwar ist es technisch grundsätzlich möglich, einen digitalen Inhalt im NFT selbst zu speichern. Dies unterbleibt jedoch üblicherweise. Grund hierfür ist die sich im Falle der Speicherung des digitalen Inhalts im NFT ergebende Dateigröße in Verbindung mit dem Speicherort für NFTs: eine Blockchain. Je größer ein NFT ist, desto größer – und ggf. exorbitant groß – wird der Rechenaufwand für einen Upload des NFT auf eine Blockchain. Daher ist der Ersteller eines NFT in der Regel darum bemüht, die Speichergröße des NFT möglichst klein zu halten. Die Verknüpfung zum Referenzobjekt erfolgt vielfach so, dass im NFT nur ein „Verweis“ auf eine kleine Datei gespeichert wird, in der wiederum ein Verweis auf die Quelle, in der sich das Referenzobjekt befindet, gespeichert ist. Dieser Verweis kann ein Link sein, der zu der Datenquelle führt, in der beispielsweise das digitale Kunstwerk gespeichert ist. Häufig wird das digitale Referenzobjekt (z. B. eine digitale Bilddatei) im InterPlanetary File System (IPFS) gespeichert.

Daraus folgt, dass der Erwerber eines NFT nicht zwingend das Referenzobjekt selbst erhält, sondern lediglich das NFT sowie eine Möglichkeit des Zugriffs auf das Referenzobjekt über den im NFT gespeicherten Verweis.

2. Zivilrechtliche Einordnung von NFTs

Wie NFTs aus Sicht des Zivilrechts einzuordnen sind, darüber besteht unter Juristen keine völlige Einigkeit. Es gibt hierzu teilweise konträre Auffassungen, aber in einigen Punkten innerhalb der juristischen Literatur1 auch so etwas wie eine herrschende Meinung.

Was sind NFTs nicht?

Vielfach nähert man sich der rechtlichen Einordnung von NFTs dadurch an, dass zunächst einmal Aussagen dazu getroffen werden, was ein NFT nicht ist:

  • So ist ein NFT nach der herrschenden Meinung keine Sache im Sinne des Zivilrechts.2 § 90 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) definiert, was Sachen i. S. d. Zivilrechts sind, nämlich „nur körperliche Gegenstände“. Nach der insofern maßgeblichen Verkehrsauffassung zeichnet sich eine Sache in diesem Sinne im Wesentlichen dadurch aus, dass sie eine abgegrenzte Körperlichkeit aufweist und dass auf sie physisch eingewirkt werden kann. Daran fehlt es bei einem auf einer Blockchain gespeicherten NFT, da dieses keine abgegrenzte Körperlichkeit aufweist und es nicht in dem Sinne beherrschbar ist, dass auf das NFT physisch eingewirkt werden kann. Dem steht auch nicht entgegen, dass elektronische Wertpapiere, die keine Körperlichkeit aufweisen und in einem elektronischen Wertpapierregister erfasst werden, gem. § 2 Abs. 3 eWpG als Sache i. S. d. § 90 BGB gelten. Es bedarf mithin einer gesetzlichen Fiktion, um elektronische Wertpapiere als Sache zu qualifizieren. Für „übliche“ NFTs existiert eine solche gesetzliche Fiktion (noch) nicht, sodass festzuhalten bleibt, dass ein NFT, welches kein elektronisches Wertpapier ist, keine Sache i. S. d. BGB darstellt. Die Tatsache, dass ein NFT keine Sache i. S. d. § 90 BGB ist, zieht verschiedene rechtliche Konsequenzen nach sich: So kann niemand Eigentümer eines NFT sein, denn gem. § 903 BGB kann Eigentum nur an einer Sache bestehen. Daraus folgt auch, dass im Falle des Erwerbs eines NFT kein Eigentum gem. § 929 BGB an einem NFT übertragen werden kann. Der Erwerber eines NFT hat folglich allenfalls einen vertraglichen Anspruch darauf, dass in der Codesequenz des NFT sein Public Key als „Inhabernachweis“ eingespeichert wird. Weiterhin bestehen im Falle eines „Entzugs“ eines NFT3keine Herausgabe-, Nutzungsherausgabe- oder Schadensersatzansprüche, da dies Ansprüche sind, die nach dem Gesetz (§§ 985ff. BGB) nur dem Eigentümer einer Sache zustehen können. Auch ist es nicht möglich, ein NFT gutgläubig zu erwerben, da ein gutgläubiger Erwerb von Eigentum nur an beweglichen Sachen möglich ist.4Schließlich kann an einem NFT kein Besitz im rechtlichen Sinne begründet werden, da Besitz nur an einer Sache begründet werden kann (§ 854 Abs. 1 BGB).5
  • Ein NFT ist kein „sonstiges Recht“ i. S. d. des Rechts der sog. „unerlaubten Handlungen“. Das deutsche Zivilrecht schützt auf verschiedene Art und Weise Rechtsgüter wie z. B. das Leben, den Körper und die Gesundheit, die Freiheit und das Eigentum. Wer ein solches geschütztes Rechtsgut rechtswidrig und schuldhaft verletzt – mithin eine sog. „unerlaubte Handlung“ i. S. d. BGB begeht – der ist dem Verletzten u. a. gem. § 823 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. § 823 Abs. 1 BGB erwähnt in der Aufzählung der geschützten Rechtsgüter auch „ein sonstiges Recht“. Darunter versteht man gemeinhin Rechte, die ebenso bedeutsam sind wie die anderen von § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechtsgüter und die über eine sog. „Zuweisungs- und Ausschlussfunktion“ verfügen. Das bedeutet, dass nur der Inhaber des sonstigen Rechts befugt ist, dieses zu nutzen, und alle anderen Personen von der Nutzung dieses Rechts ausgeschlossen sind. Dies könnte man für NFTs durchaus bejahen, da ein bestimmtes NFT einem bestimmtem Public Key zugeordnet ist. Nur diejenige Person, deren Private Key zu dem fraglichen Public Key, dem das NFT zugeordnet ist, gehört, kann das NFT faktisch nutzen. Andere Personen sind von der Nutzung des NFT ausgeschlossen. Daher bejaht ein Teil der Literatur die Qualifikation als „sonstiges Recht“. Die gegenteilte Auffassung wird jedoch von der überwiegenden Anzahl der Autoren vertreten. Dies ist m. E. dogmatisch zutreffend: Eine rein faktische Ausschließlichkeit genügt nicht, um als „sonstiges Recht“ anerkannt zu werden. Erforderlich ist vielmehr, dass die Rechtsordnung das Ausschließlichkeitsrecht anerkennt – hieran fehlt es im Falle von NFTs aber noch.6
  • NFTs sind keine Schutzgegenstände des Immaterialgüterrechts. NFTs sind zwar „unkörperliche“ (= immaterielle) Güter. Sie sind aber m. E. nicht vom Patentrecht oder vom Urheberrecht (auch Immaterialgüterrecht genannt) geschützt: So ist ein NFT nicht das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit auf dem Gebiet der Technik. Es kann daher nicht durch ein Patent geschützt werden. Sofern, wie in aller Regel, das Referenzobjekt – das ein urheberrechtlich geschütztes Werk sein kann – nicht integraler Bestandteil des NFT ist, besteht auch kein Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG). Zwar könnten NFTs als Computerprogramme gem. § 69a UrhG angesehen werden, aber m. E. erreichen sie – auch unter Beachtung des grundsätzlichen Schutzes nach dem UrhG selbst für „Trivialprogramme“ – nicht die erforderliche Schöpfungshöhe; aufgrund der technischen Gegebenheiten mangelt es NFTs an hinreichender Individualität des Programmcodes. Hinzu kommt, dass Werke nur dann urheberrechtlich geschützt sind, wenn sie das Ergebnis eines persönlich-geistigen „Schöpfungsakts“ sind. Daran fehlt es bei NFTs, da das Minting automatisiert erfolgt.

Was sind NFTs?

Angesichts der vorstehenden Ausführungen könnte man den Eindruck gewinnen, NFTs seien ein rechtliches „Nullum“ und rechtlich nicht geschützt. Dies ist indes nicht der Fall. Es gibt durchaus rechtliche Kategorien, in die sich NFTs einordnen lassen:

  • NFTs sind „sonstige Gegenstände“ i. S. d. des Kaufrechts. Manche NFTs sind sehr begehrte Kaufgegenstände. Sie werden teilweise für sehr hohe Preise gekauft. Wer allerdings einen Blick in die für das deutsche Kaufrecht wesentliche Vorschrift (§ 433 BGB) wirft, der könnte erschrecken: Denn dort ist von der „Sache“ die Rede, die verkauft wird. Wenn aber ein NFT, wie oben dargelegt, keine Sache i. S. d. des BGB ist, dann könnte man eigentlich keinen wirksamen Kaufvertrag schließen, der den Verkauf eines NFT zum Gegenstand hat. Glücklicherweise ist dem nicht so: Dem Gesetzgeber ist nicht verborgen geblieben, dass nicht nur Sachen, mithin körperlich abgrenzbare Gegenstände, verkauft werden, sondern beispielsweise auch Elektrizität, Domains oder Software. Er hat daher in § 453 Abs. 1 S. 1 BGB vorgesehen, dass im Falle des Kaufs von solchen sonstigen Gegenständen die Vorschriften über den Kauf von Sachen Anwendung finden. Nach der wohl h. M. sind NFTs sonstige Gegenstände i. S. d. vorgenannten Vorschrift.7 Daraus folgt, dass auf den Kauf von NFTs grundsätzlich die Vorschriften über den Kauf von Sachen (§§ 433 ff.) Anwendung finden.
  • NFTs sind „digitale Inhalte“. Die wohl herrschende Meinung qualifiziert NFTs als „digitale Inhalte“ i. S. d. §§ 453 Abs. 1 S. 2, 327 Abs. 2 BGB.8 Dies sind nach der Legaldefinition des § 327 Abs. 2 BGB „Daten, die in digitaler Form erstellt und bereitgestellt werden“. Darunter lassen sich NFTs m. E. problemlos subsumieren, da ein NFT durch das Minting digital erstellt wird und auch die Bereitstellung (quasi die Überlassung des NFT) in digitaler Form erfolgt. Die Qualifikation von NFTs als „digitaler Inhalt“ hat zur Folge, dass bei einem Vertrag über den Kauf eines NFT durch einen Unternehmer an einen Verbraucher9 verschiedene Vorschriften des BGB zum Kaufrecht10 keine Anwendung finden. An die Stelle der nicht anzuwenden Vorschriften treten die Vorschriften des BGB zu Verträgen über digitale Inhalte.11 Damit werden u. a. die Regelungen zur Übergabe der Kaufsache12 und zu Mängeln13 durch Vorschriften aus dem vorgenannten Abschnitt des BGB zu Verträgen über digitale Inhalte verdrängt. Da rein digitale Produkte nicht wie körperliche Gegenstände vom Verkäufer an den Käufer übergeben werden können, regelt § 327b Abs. 3 BGB die Art und Weise der Bereitstellung des digitalen Inhalts durch den Unternehmer. § 327e BGB regelt, wann bei einem digitalen Produkt ein Mangel vorliegt und § 327i BGB hat die Rechte des Verbrauchers bei einem mangelhaften digitalen Produkt zum Gegenstand.NFTs werden im Zweifel über Fernkommunikationsmittel angeboten und verkauft. Den Verkäufer treffen daher ggf. die entsprechenden gesetzlichen Informationspflichten beim Fernabsatz.14 Der Verkäufer muss den Verkaufsgegenstand (das NFT) folglich präzise beschreiben und z. B. Angaben dazu machen:

    • auf welcher Blockchain das NFT gespeichert ist;
    • wie die Verknüpfung zum Referenzobjekt ausgestaltet ist;
    • welche Rechte dem Erwerber an dem Referenzobjekt eingeräumt werden;
    • über welche Funktionalitäten der zugehörige Smart Contract verfügt.16

    Grundsätzlich besteht damit auch ein gesetzliches Widerrufsrecht des Käufers. Dies dürfte aber vom Verkäufer zum Erlöschen zu bringen sein, da es sich bei Kaufverträgen über den Kauf von NFTs m. E. um Verträge „über die Bereitstellung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten“ (§ 356 Abs. 5 BGB) handelt.

3. Rechtlicher Schutz von NFTs

Wie oben dargelegt, ist es nach deutschem Recht nicht möglich, Eigentum an einem NFT zu begründen. Dies führt jedoch nicht dazu, dass der „Inhaber“ eines NFT völlig schutzlos ist, wenn es um die Abwehr von Eingriffen in „sein“ NFT geht:

  • Das BGB sieht Regelungen vor, um sog. „ungerechtfertigte Bereicherungen“ auszugleichen. So hat z.B. derjenige, der durch die Leistung eines anderen16 etwas ohne rechtlichen Grund17 erlangt hat, dieses „erlangte Etwas“ herauszugeben (§ 812 Abs. 1 S.1 Alt. 1 BGB). Ein NFT, das als Vermögensgegenstand18 das Vermögen seines Erwerbers vermehrt, kann ein solches „erlangtes Etwas“ sein19. Nicht zuletzt daraus resultiert ein gewisser rechtlicher Schutz von NFTs. Beispielsweise steht dem Inhaber des NFT in dem Fall, dass jemand dieses NFT durch Leistung des Inhabers ohne Rechtsgrund erlangt hat, ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Herausgabe des NFT zu.20 Weiterhin besteht ein Anspruch auf Herausgabe etwaiger aus dem NFT gezogener Nutzungen gem. § 818 Abs. 1 BGB, wenn ein Dritter ein NFT rechtsgrundlos erlangt.
  • Bestimmte Rechtsgüter sind auch dadurch geschützt, dass derjenige, der schuldhaft „gegen ein den Schutz eines anderen bezweckenden Gesetz“ verstößt, dem Verletzten zum Schadensersatz verpflichtet ist (§ 823 Abs. 2 S. 1 BGB). Solche Schutzgesetze finden sich u. a. im Strafrecht. Beispielsweise ist anerkannt, dass die Vorschriften zur Strafbarkeit des Ausspähens von Daten (§ 202a StGB) und zur Strafbarkeit der Datenveränderung (§ 303a StGB) Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 S. 1 BGB sind.21 Diese Strafvorschriften können von Relevanz sein in Bezug auf NFTs und in Verbindung mit dem Zivilrecht unbefugte Zugriffe auf NFTs in der Form sanktionieren, dass entsprechende Handlungen zum Schadensersatz verpflichten können.22
  • Schließlich sieht das deutsche Zivilrecht mit § 1004 BGB einen Schutz des Eigentums gegen Beeinträchtigungen vor, die nicht im Entzug oder der Vorenthaltung des Besitzes bestehen (Beispiel: Abladen von Müll auf einem Grundstück oder Betreten eines fremden Grundstücks). Zwar kommt dieser Schutz NFTs nicht unmittelbar zugute, da an ihnen kein Eigentum begründet werden kann. Es ist jedoch anerkannt, dass dieser Schutz in entsprechender Anwendung von § 1004 BGB auch für andere Rechtsgüter besteht (sog. quasinegatorischer Schutz), so z. B. im Falle der vorerwähnten Schutzgesetzverletzungen. Es bestehen mithin in Fällen der Beeinträchtigung eines NFT Ansprüche auf Beseitigung der Störung und, sofern eine ernstliche Gefahr besteht, dass sich eine solche Beeinträchtigung wiederholt, ein Anspruch auf Unterlassung derselben.23

4. Ein NFT enthält keine Rechte am „Referenzobjekt“

Mit einem NFT ist üblicherweise kein Recht am damit verknüpften Referenzobjekt verbunden. Wer ein NFT erwirbt, hat daher zwar einen Anspruch auf „Übertragung“ des NFT aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB analog bzw. § 327b Abs. 1 BGB (im Falle des Verbrauchervertrags), mithin letztlich einen Anspruch darauf, dass in dem auf der Blockchain gespeicherten NFT der dort eingetragene Public Key gegen seinen Public Key ausgetauscht wird.24 Damit geht aber keine unmittelbare Einräumung von Rechten am Referenzobjekt einher. Um einen Erwerb von Rechten am Referenzobjekt herbeizuführen, bedarf es daher entsprechender Rechteeinräumungen:

  • Denkbar ist eine Übereignung des Referenzobjekts gem. §§ 929 ff. BGB, sodass der Erwerber Eigentum am Referenzobjekt erwirbt.
  • Es besteht auch die Möglichkeit der Einräumung von Miteigentumsanteilen am Referenzobjekt; in diesem Fall würde das Eigentum am Referenzobjekt mehreren Personen nach ideellen Bruchteilen zustehen.
  • Vielfach wird das Referenzobjekt ein urheberrechtlich geschütztes Werk sein. Nach deutschem Urheberrecht ist das Urheberrecht als solches grundsätzlich nicht durch Rechtsgeschäft übertragbar25 und das Urheberrechtsgesetz räumt dem Urheber eines Werks bestimmte ausschließliche (Verwertungs-)Rechte ein26, sodass jeder andere von der entsprechenden Nutzung des Werks27 ausgeschlossen ist. Daher müssen dem Erwerber des NFT, wenn er zur Nutzung des Referenzobjekts berechtigt sein soll, bestimmte urheberrechtliche Nutzungsrechte vertraglich (z. B. auch durch AGB) eingeräumt werden. Dabei sollte genau definiert werden, welche Nutzungsrechte dem Käufer gewährt werden (Recht zur Verbreitung, Recht zur Vervielfältigung, Recht, das Werk öffentlich zugänglich zu machen etc.) und ob diese Nutzungsrechte dem Lizenznehmer exklusiv oder nicht ausschließlich, zeitlich befristet oder dauerhaft, weltweit oder räumlich begrenzt, übertragbar oder nicht übertragbar etc. eingeräumt werden. Wird dies unterlassen, so besteht eine Unsicherheit darüber, zu welchen Handlungen in Bezug auf das Referenzobjekt der Erwerber des NFT berechtigt sein soll.

Resümee

Insgesamt zeigt sich, dass NFTs eine gewisse Herausforderung für das deutsche Zivilrecht darstellen. Der Gesetzgeber täte gut daran, Regelungen zu schaffen, die insbesondere Erwerbern von NFTs Rechtssicherheit böten. Angesichts der Tatsache, dass digitale Güter in großer Anzahl und teilweise zu erheblichen Preisen28 gehandelt werden, erscheint es beispielsweise angebracht, diese zumindest den Sachen i. S. d. BGB gleichzustellen, damit an NFTs Eigentum erworben werden kann. 

1 Deutsche Gerichte haben sich zur Frage der zivilrechtlichen Einordnung – soweit ersichtlich – noch nicht geäußert. Anders Gerichte im Ausland: So hat der High Court of Justice – Business and Property Courts of England and Wales – Commercial Court (QBD) in einem Urteil vom 10.03.2022 (Osbourne v Persons Unknown & Anor, Case No. CL-2022-000110) ausgesprochen, dass NFTs nach englischem Recht wie „property“ zu behandeln sind, mithin wie „Eigentum“. Der High Court of the Republic of Singapore ist in einem Urteil vom 21.10.2022 (Janesh s/o Rajkumar v Unknown Person, [2022] SGHC 264) ebenfalls zu dem Ergebnis gelangt, dass NFTs „property“ sein können.

2 A. A. John: Zur Sachqualität und Eigentumsfähigkeit von Kryptotoken, BKR 2020, 76.

3 Ein solcher „Entzug“ eines NFT ist z. B. dann denkbar, wenn das Wallet des Inhabers eines NFT gehackt wird, wodurch es dem Täter möglich ist, Transaktionen durchzuführen und damit den Inhaber vom Zugriff auf das NFT auszuschließen.

4 Vgl. Oechsler in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage, § 932 BGB, Rn. 9.

5 Ausführlich zum fehlenden „digitalen Besitz“ an NFTs: Kraetzig, NFTs als juristische Konstruktionsaufgabe CR 2022, 477, 480 f.

6 So auch Rauer/Bibi: Non-fungible Tokens – Was können sie wirklich?, ZUM 2022, 20, 24; Kraetzig, a. a. O., S. 482; Guntermann: Non Fungible Token als Herausforderung für das Sachenrecht, RDI 2022, 200, 206 f.; a. A. Ehinger/Schmid: Kaufrechtliche Fragestellungen im Zusammenhang mit Non-Fungible Tokens (NFTs), InTeR 2022, 106, 108.</p<

7 Kütük/Sorge: Bitcoin im deutschen Vollstreckungsrecht – Von der „Tulpenmanie“ zur „Bitcoinmanie“, MMR 2014, 643, 644; Guntermann, a. a. O., S. 207; Fritzsche in: BeckOK BGB, 63. Edition, § 90 BGB, Rn. 29; Denga: Non-Fungible Token im Bank- und Kapitalmarktrecht, BKR 2022, 288, 290.

8 Ehinger/Schmid, a. a. O., S. 110; Guntermann, a. a. O., S. 207.

9 Verbrauchervertrag gem. § 310 Abs. 3 BGB.

10 §§ 433 ff. BGB.

11 §§ 327 bis 327s BGB.

12 § 433 Abs. 1 S. 1 BGB.

13 Beispielsweise §§ 434 bis 442 BGB.

14 Diese ergeben sich aus § 312d BGB i. V. m. Art. 246a EGBGB.

15 Vgl. Ehinger/Schmid, a. a. O., S. 110.

16 Mithin in der Regel im Rahmen eines Rechtsgeschäfts.

17 Weil z. B. der Vertrag von Anfang an unwirksam ist, beispielsweise im Falle eines wucherischen Rechtsgeschäfts.

18 Das „erlangte Etwas“ muss kein körperlicher Gegenstand sein, vgl. Schwab in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage, § 812 BGB, Rn. 4.

19 Vgl. Guntermann, a. a. O., S. 207; in Bezug auf Tokens dahingehend differenzierend, dass das „erlangte Etwas“ nicht das Token, sondern die erlangte Position in der Blockchain sei: Weiss: Die Rückabwicklung einer Blockchain-Transaktion, NJW 2022, 1343, 1345 f.

20 Wobei die „Herausgabe“ so zu erfolgen hätte, dass der im NFT gespeicherte Public Key des Erwerbers durch den Public Key des Veräußerers ersetzt wird.

21 OLG Celle, NJW-RR 2011, 1047, 1048; OLG Dresden, NJW-RR 2013, 27, 28; Wagner in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage, § 823 BGB, Rn. 596.

22 Vgl. Omlor in: Omlor/Link, Kryptowährungen und Token, 1. Auflage, Kapitel 6, Rn. 67.

23 Vgl. Omlor, a. a. O., Rn. 62.

24 Der Public Key des Erwerbers wird durch eine entsprechend definierte Funktion der hierfür vorgesehenen Software – die Smart Contract genannt wird – als neue Inhaberadresse im NFT eingetragen.

25 Dies ergibt sich aus § 29 Abs. 1 UrhG.

26 Siehe hierzu § 15 UrhG.

27 Beispiel: Öffentliches Zugänglichmachen des Werkes gem. § 19 UrhG.

28 So wurde beispielsweise das NFT für das digitale Kunstwerk „CryptoPunk 5822“ (https://cryptopunks.app/cryptopunks/details/5822) am 12.02.2022 für 23,7 Mio. US-Dollar verkauft.

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