Sofortmaßnahmen für Start-Ups und KMU’s aus beihilferechtlicher Perspektive

Bund und Länder haben zugesagt, die Wirtschaft umfassend zu unterstützen. Nach den allgemeinen Zusagen laufen nun die ersten konkreten Programme an. Teilweise stellt sich die Frage, warum dies erst jetzt geschieht.

Der folgende Beitrag stellt die ersten neuen Programme in den rechtlichen Kontext und stellt vor, wie ich auf die neuen Mittel zugreifen kann:

Warum erst jetzt?

Grundsätzlich schränkt das europäische Beihilfenrecht staatliche Zuschüsse an nationale Unternehmen ein. Im Sinne des europäischen Binnenmarktes und der Marktwirtschaft werden solche Beihilfen und Subventionen eigentlich kritisch gesehen. Art. 108 AEUV schreibt eine Notifizierungspflicht für Beihilfen vor, die nicht unter eine der Ausnahmeregelungen fallen.

Ausnahmen werden demnach zum Beispiel für de-minimis Beihilfen gemacht.

Gute Beihilfe – Böse Beihilfe

Allerdings ändert sich diese Bewertung in Krisenzeiten schlagartig. Wie bereits während der Finanzkrise der 2000er Jahre, kündigten die Verantwortungsträger auch im Rahmen der aktuellen COVID-19 Pandemie zahlreiche Unterstützung und Finanzierungsprogramme an. Die rechtliche Grundlage bietet dafür weiterhin das Europarecht. Während die europäische Einigkeit in vielen Fragen in Zweifel gezogen wird, hat die EU-Kommission bereits letzte Woche erste staatliche Beihilfen aufgrund der Pandemie genehmigt. Zuerst hat die Kommission am 13.03.2020 auf die beihilferechtlich bereits zulässigen Maßnahmen verwiesen. Am 16.03.2020 folgte eine Mitteilung an die Mitgliedsstaaten mit einem Entwurf für einen temporären Beihilferahmen, der nun am 19.03.2020 beschlossen wurde (Temporary Framework for State aid measures to support the economy in the current COVID-19 outbreak). Dieser soll zunächst bis September 2020 staatliche Zuschüsse und Steuererleichterungen i.H.v bis zu 800 000 € pro Unternehmen ermöglichen. Die Kommissionspräsidentin hatte bereits angekündigt, die maximale Flexibilität des Beihilferechts hierfür zu nutzen. 

Konkrete Programme – Was ist schon verfügbar?

Parallel dazu haben neben der Bundesregierung, auch die allermeisten Bundesländer Sofortmaßnahmen angekündigt. Am weitesten gediehen sind die Programme in Berlin und Bayern, am 23.3. hat außerdem nun der Bund ein Soforthilfepaket für kleine Unternehmen auf den Weg gebracht (Eckpunkte „Corona-Soforthilfe für Kleinstunternehmen und Soloselbständige)“.

Am Beispiel von Bayern lässt sich aber wohl ableiten, wie auch Ersthilfeprogramme anderer Bundesländer aussehen können:

Das Staatsministerium stellt auf seiner Seite SOFORTHILFE CORONA sowohl das Antragsformular, als auch die wichtigsten Informationen zur Beantragung der Maßnahmen nach der Richtlinie 52-3560/33/1 zur Verfügung. Antragsberechtigt sind demnach Unternehmen und Angehörige der Freien Berufe mit bis zu 250 Mitarbeitern, sofern sie ihre Betriebs- oder Arbeitsstätte in Bayern haben. Das Unternehmen, im Falle verbundener Unternehmen, das Gesamtunternehmen, darf keine ausreichende Liquidität mehr haben, um laufende Verbindlichkeiten zu decken. Die Höhe ist nach der Anzahl der Erwerbstätigen gestaffelt und reicht von 5.000 € bis 30.000 €, allerdings ist dies auch auf den tatsächlichen Liquiditätsausfall begrenzt.

Rechtlich betrachtet handelt es sich bei der Soforthilfe um einen sog. „verlorenen Zuschuss“ d.h. es besteht keine Rückzahlungspflicht. Im Rahmen des europäischen Beihilferechts ergeht die Soforthilfe unter der de-minimis Verordnung (VO (EU) 1407/2013). Zuständig sind die Bewilligungsbehörden am Ort der Betriebs- oder Arbeitsstätte, auch diese führt das Staatsministerium auf. Sofern das Unternehmen Anspruch auf Entschädigungen von Versicherungen z.B. gegen Betriebsausfall oder nach dem Infektionsschutzgesetz geltend machen kann, sind diese anrechnungspflichtig. Darüber hinaus sollen die Soforthilfen kumulierbar sein, sofern dies beihilferechtlich zulässig ist.

Die Soforthilfe des Bundes ist nach der heutigen Pressemitteilung ähnlich strukturiert. Sie kann ausdrücklich neben eine evtl. durch eine Landesförderung gewährte Unterstützung treten.

Die Maßnahmen dienen nicht dazu, bereits vor Corona in Schieflage geratene Unternehmen zu sanieren

Die bayrische Richtlinie beschränkt den Anwendungszeitraum auf Beeinträchtigungen durch die COVID-19-Pandemie seit dem 11.03.2020. War ein Unternehmen also bereits vor 3 Wochen mit Liquiditätsengpässen konfrontiert scheidet eine Förderung aus. Die Richtlinie bedient sich noch eines zweiten Instruments zur Eingrenzung des Adressatenkreises mit einem Verweis auf Rn. 20 a) – c) VO (EU) 2014/C 249/01. Demnach sind auch Unternehmen ausgeschlossen die, die Voraussetzungen für Beihilfen von Unternehmen in Schwierigkeiten erfüllen. Dadurch wir verhindert, dass die beihilferechtlichen Vorschriften missbraucht werden.

Wie geht es weiter?

Die bayrische Soforthilferegelung sowie das heute beschlossene Pendant auf Bundesebene soll insbesondere kleinen Unternehmen die Überbrückung bis zur Nutzung weiterer Unterstützungsmaßnahmen ermöglichen. Der Umfang ist aufgrund der Nutzung des bestehenden Rechtsrahmens und der dort angebotenen einfachsten Möglichkeit der de- minimis-Regelung zwangläufig beschränkt. Mit Erlass des neuen Beihilferahmens durch die EU- Kommission am 20.03.2020 sind die Mitgliedsstaaten auch beihilferechtlich in die Lage versetzt, umfänglichere Maßnahmen auszukehren. Die konkrete Umsetzung ist nun abzuwarten.

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